Silberstein-Mitarbeiter: „Bekam von der ÖVP 100.000 € angeboten“

Symbolbild: Blick in ein Büro von freiwilligen Wahlwerbern für die ÖVP
Symbolbild: Blick in ein Büro von freiwilligen Wahlwerbern für die ÖVP(c) Stanislav Jenis (Presse)
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"Presse"-Interview: Peter Puller, der Mann hinter den Anti-Kurz-Facebook-Seiten, erzählt von einem ÖVP-Abwerbe-Versuch und der Finanzierung durch Silberstein.

Wien. Wer war in die zweifelhafte Facebookkampagne des Ex-SPÖ-Beraters Tal Silberstein involviert? Wer wusste in der Partei davon – und wer hat die Kampagne gegen die ÖVP beauftragt? Und vor allem: Wer hat diese finanziert? Einer, der es wissen müsste, ist PR-Berater Peter Puller, der die Facebook-Seiten „Wir für Sebastian Kurz“ und „Die Wahrheit über Sebastian Kurz“ mit Silberstein konzipierte und federführend bespielte. „Die Presse“ traf ihn zum Gespräch.

Puller versucht darin die Auftraggeber seines Chefs Silberstein in Schutz zu nehmen: „Es stimmt, dass Kanzler Christian Kern und Bundesgeschäftsführer Georg Niedermühlbichler nichts gewusst haben.“ Das Facebook-Projekt gegen Kurz sei parallel zu einer Positivkampagne gelaufen. „Wir wollten gewisse Gruppen und deren Reaktionen abtesten und für Marktforschungszwecke verwenden“, sagt Puller. Silberstein wollte so auch Erfahrungen für spätere Wahlkämpfe sammeln.

Er, Puller, habe seine Honorare stets von Silbersteins Firma GCS International überwiesen bekommen. Entsprechende Kontoauszüge kann Puller vorlegen. Auch nach dessen Ver- und Enthaftung habe Silberstein weiter Pullers Honorare bezahlt. Ob dieses Geld vom offiziellen Honorar der SPÖ an Silberstein abgezweigt wurde, bleibt fraglich. „Meines Wissens hat das Silberstein selbst bezahlt, weil es für ihn auch eine Art Testlabor für seine generelle Arbeit als Kampagnenmanager war.“ Behauptet Puller. Die kolportierte Summe von 500.000 Euro dementiert er. Das Projekt habe allerhöchstens 100.000 Euro gekostet. „Sagen wir so: Silberstein ist nicht gerade arm. Das ist keine große Summe für ihn“, sagt Puller.

ÖVP: „Es gab kein Angebot“

Silberstein wurde wegen des Verdachts der Geldwäsche am 14. August verhaftet – die SPÖ kündigte die Zusammenarbeit auf, die Seiten wurden aber weiter betrieben. Warum man dann nicht aufgehört hat? „Es gab ein Budget und keine anders lautende Anweisung von Tal Silberstein“, sagt Puller. Also ging der Job weiter. Der „Presse“ liegen mittlerweile Informationen aus zwei unterschiedlichen Quellen vor, wonach auch Kerns Wahlkampfmanager, Paul Pöchhacker, bis zu seinem Unfall am 6. September am Projekt mitarbeitete. Der interimistische SPÖ-Geschäftsführer, Christoph Matznetter, hatte demgegenüber behauptet, Pöchhacker habe nur noch einige Tage nach der Aufkündigung des Silberstein-Vertrags an der Facebook-Seite mitgearbeitet. Puller wollte sich zur Rolle anderer Involvierter nicht äußern.

Matznetter – aber auch Kanzler Kern – hatte zuletzt die Theorie in den Raum gestellt, dass Mitarbeiter aus Silbersteins Team nach dem 14. August zur ÖVP übergelaufen sein könnten – und in deren Auftrag die Seiten weiterbetrieben haben, um später der SPÖ dann Dirty Campaigning vorwerfen zu können. Das stimmt nach bisherigen Erkenntnissen nicht. Aber Puller behauptet: „Ich bekam im Juli von der ÖVP, genauer vom Büro von Sebastian Kurz, 100.000 Euro angeboten, wenn ich die Seiten wechsle“, sagt Puller. Die ÖVP habe gewusst, dass er seit einigen Jahren für Silberstein arbeite und dieser wiederum in den SPÖ-Wahlkampf involviert sei. „Ich bin auf das Angebot nicht eingegangen, kann das aber für andere nicht ausschließen“, sagt Puller.

„Es gab und gibt im Zusammenhang mit den Dirty-Campaigning-Aktivitäten der SPÖ seitens der Volkspartei weder ein Angebot noch eine Zahlung an Silbersteins Geschäftspartner Puller oder irgendwen anderen aus Silbersteins Umfeld“, sagt ein Sprecher der ÖVP. Tatsache sei, dass Dirty Campaigning von der SPÖ beauftragt, gesteuert und bezahlt wurde. Seit Jänner weise die ÖVP darauf hin, dass über Sebastian Kurz recherchiert werde, um ihn in weiterer Folge „anzupatzen“. Der ÖVP-Sprecher weiter: „Wir haben immer Silberstein und die SPÖ dahinter vermutet. Silbersteins Partner Puller ist an einige Personen aus dem Umfeld von Kurz herangetreten, um sie gezielt auszuhorchen.“ Es habe auch einen Kontakt mit einem ÖVP-Sprecher gegeben. Dieser habe Puller mit dem Verdacht konfrontiert, er recherchiere für die SPÖ und Silberstein. „Puller hat dies mit Vehemenz abgestritten und gemeint, er arbeite nur für die Neos. Wir haben das geglaubt.“

Puller antwortet auf die Frage, ob er auch Beweise vorlegen könne: „Ich bin bereit, eine eidesstattliche Erklärung abzugeben, und habe nachweisbare Konversationen über ein zweites Treffen mit der ÖVP.“ Außerdem habe er mehrere Menschen sofort nach dem Gespräch davon informiert. Einer davon war Tal Silberstein, mit dem Puller noch immer in engem Kontakt steht.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.10.2017)

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