Dirty-Campaigning-Affäre

Gedächtnisprotokoll: Kurz-Sprecher spricht über Treffen mit Puller

Symbolbild: Wahlplakat von Sebastian Kurz
Symbolbild: Wahlplakat von Sebastian KurzREUTERS
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Der Sprecher von Sebastian Kurz bestreitet, Polit-Berater Puller je 100.000 Euro für Informationen über die SPÖ angeboten zu haben - räumt aber ein: "Ja, ich wollte ihn überreden doch wieder für uns aktiv zu sein." Task-Force-Leiter Matznetter fordert den ÖVP-Chef zum Rücktritt als Außenminister auf.

Ausgangspunkt war ein Artikel in der "Presse am Sonntag" vom 8. Jänner 2017. Darin wurde beschrieben, dass Tal Silberstein im Auftrag der SPÖ Dirty Campaigning gegen Sebastian Kurz betreibt und in seinem privaten Umfeld herumschnüffeln lässt. So beginnt das Gedächtnisprotokoll jenes Mitarbeiters von Sebastian Kurz, der den Silberstein-Mitarbeiter Peter Puller nach dessen Aussage zum Überlaufen zu bewegen versucht haben soll. "Bereits damals kam seitens der Volkspartei die Aufforderung, diese Machenschaften einzustellen. Die öffentliche Debatte von damals ist bekannt und mündete in mehreren parlamentarischen Anfragen an den Bundeskanzler", schreibt der Kurz-Mitarbeiter nun.

Und weiter: Im ersten Halbjahr 2017 seien "Informationen an mich heran getragen (worden, Anm.), dass Tal Silberstein an besonders schmutzigen Attacken gegen Sebastian Kurz arbeiten würde. (...) Darüber hinaus meldeten sich nach und nach aktive und ehemalige Kabinettsmitarbeiter aus dem Umfeld der ÖVP, die Puller von früher kannten, dass Puller sie kontaktiert hätte. (...) Ich nahm daher auf eigene Initiative Kontakt auf, um ihn zur Rede zu stellen."

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Dieses Treffen habe Mitte Juli stattgefunden. "Ich habe in diesem Gespräch mit den mir zur Verfügung stehenden Mitteln alles versucht, um die Wahrheit ans Licht zu bringen", so der Sprecher weiter. Und: "Ja, ich wollte in diesem Gespräch Puller überreden doch wieder für uns aktiv zu sein und nicht gegen uns. Nein, ich habe ihm nie 100.000 Euro geboten, sondern ihn lediglich mit der Tatsache und einer handschriftlichen Notiz von mir konfrontiert, dass ich glaubhafte Informationen hatte, dass er für die SPÖ arbeitet und über Tal Silberstein unseres Wissens dafür eine Summe von bis zu 100.000 Euro erhält." Puller habe daraufhin abgestritten, für die SPÖ und Silberstein zu arbeiten: "Er sagte, er arbeite politisch einzig für die Wiener Neos." Zugleich habe er angeboten, "sich umzuhören, ob schmutzige Geschichten gegen Sebastian Kurz geplant seien".

Im August habe dann ein weiteres Treffen stattgefunden, "wo er eine Zusammenarbeit konkretisieren wollte. Dort behauptete Puller erneut, nicht für die SPÖ und für Silberstein tätig zu sein. Auf Nachfrage, ob er etwas gehört habe in Sachen Dirty Campaigning gegen Kurz, antwortete er, dass er nichts wisse."

Kern "empört", Matznetter für Kurz-Rücktritt als Minister

Bundeskanzler und SPÖ-Bundesparteivorsitzender Christian Kern reagierte empört auf die Aussagen des Tal Silberstein-Mitarbeiters Peter Puller gegenüber der "Presse" und dem "Falter", wonach die ÖVP Puller 100.000 Euro geboten haben soll, um die Seiten zu wechseln und Details der SPÖ-Kampagne zu verraten. "Naturgemäß bin ich wirklich entsetzt über diese Nachricht. Man muss das jetzt in Ruhe anschauen, was da dran ist, ob sich das erhärtet", sagte Kern im Ö1-"Morgenjournal". Er könne zwar nicht im Detail erklären, was da rund um die Spezialeinheit des ehemaligen SPÖ-Beraters Silberstein gelaufen sei. Aber: "Dass Informationen zum politischen Gegner geflossen sind, steht völlig außer streit." SPÖ-Bundesgeschäftsführer Christoph Matznetter forderte daher am Freitag den Rücktritt von Sebastian Kurz - zumindest in seiner Position als Außenminister.

Auch Puller, der Mann, der früher für die ÖVP gearbeitet hat, dann für die Neos und zuletzt für die SPÖ, meldete sich im ORF-Radio neuerlich zu Wort. Er habe die Anti-Sebastian-Kurz-Facebook-Seiten weiterbetrieben, nachdem die SPÖ die Zusammenarbeit mit Silberstein aufgekündigt habe, denn: "Der Auftraggeber war in diesem Fall nicht die SPÖ, sondern der Auftraggeber war Tal Silberstein – die Seiten sind daher weitergelaufen, da es von ihm keine Anweisung gab, sie einzustellen", wiederholte Puller, was er am Donnerstag im "Presse"-Interview gesagt hatte. Weiters seien ihm "vom Pressesprecher des Sebastian Kurz" 100.000 Euro geboten worden, "dass ich zur ÖVP wechsle und Informationen über die SPÖ preisgebe". Als Beleg für dieses Angebot verweist Puller auf eine SMS-Konversation - "es steht natürlich keine Summe drinnen, es ist tituliert als Honorarangebot".

ÖVP veröffentlicht Gedächtnisprotokoll von Kurz-Sprecher

Das Büro des ÖVP-Obmannes reagierte mit einem Statement: "Es gab und gibt in Zusammenhang mit den Dirty-Campaigning-Aktivitäten der SPÖ seitens der Volkspartei weder ein Angebot noch eine Zahlung an Silbersteins Geschäftspartner Puller oder irgendwen anderen aus Silbersteins Umfeld." Zudem kündigte die Volkspartei Klagen gegen die SPÖ und Puller an. "Das Maß ist voll, wir klagen", sagte Generalsekretärin Elisabeth Köstinger am Freitag. Weiters bestritt sie sämtliche Vorwürfe, die Volkspartei habe den PR-Berater Peter Puller selbst anzuwerben versucht. Von ihm erwähnte SMS seien nicht bekannt. Sie glaubt, dass Berater Tal Silberstein nach wie vor für die SPÖ arbeitet.

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(Red./APA)

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