Griss im Wahlcafé: „Silberstein muss was draufhaben“

(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Die Neos-Kandidatin über den SPÖ-Berater, ihre Flüchtlingspolitik und Wähler, die von Griss zu Kurz wechseln.

„Er muss ja was drauf haben, nicht umsonst ist er international gefragt und begehrt“, sagte Irmgard Griss beim Wahlcafé über Tal Silberstein, der ja einst auch die Neos beraten hat, für die sie nun am zweiten Listenplatz kandidiert. Er habe sicher herausragende taktische Fähigkeiten – aber offenbar gewisse Grenzen nicht. Das schmutzige Wahlkampffinale handelten Griss und „Presse“-Chefredakteur Rainer Nowak am Donnerstagabend im rien gleich zu Beginn ab.

„Was mich am Wahlkampf besonders schmerzt ist, dass insgesamt die Politik in Misskredit gezogen wird“, sagte Griss. Wobei sie nicht glaube, dass sich die Silberstein-Affäre sehr stark auf das Wahlergebnis auswirke: „Am ehesten kann ich mir vorstellen, dass Leute deshalb nicht zur Wahl gehen. Aber dass wirklich jemand wegen Tal Silberstein nicht SPÖ wählt, das glaube ich weniger. Da entsteht eher ein Solidarisierungseffekt.“

Und wo bleiben die Stimmen, die Griss einst als Präsidentschaftskandidatin bekommen hat, bei der Nationalratswahl? Das seien zwei verschiedene Dinge, meint die Ex-Höchstrichterin. Und SPÖ und ÖVP seien in einer ganz anderen Lage. „Ich werde von vielen Leuten angesprochen die sagen: Bei der Präsidentschaftswahl habe ich Sie gewählt, aber jetzt muss ich Sebastian Kurz wählen.“ Christian Kern? Nicht so sehr – aber da werde es auch welche geben.

Ministerjob kein Lebensziel

Dass sie nicht mit Kurz auf einer Liste ist, bereut sie nicht. „Ich habe mich bewusst dagegen entschieden“, sagte sie. Der Grund, warum sie nun etwas mit den Neos mache – obwohl sie kein Parteimitglied ist – sei, dass das eine positive Kraft sei, eine Kraft der Mitte, für vernünftige Sachpolitik. Daher engagiere sie sich für die Pinken. Auch, wenn da wohl kein Ministeramt herausschaue. „Aber das ist nicht mein Lebensziel.“

Vernünftig bedeute auch: Nicht damit zu punkten, den Wählern etwas vorzumachen, so wie das FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache beim Thema Neutralität gemacht habe: Sein Beharren auf die Neutralität im TV-Duell sei das gewesen, was die Österreicher hören wollten – ihre differenzierte Sichtweise aber seien die Fakten gewesen. Und: „Ich glaube nicht, dass wir in einer Welt wie heute sagen können, wir sind neutral, da stellen wir Tafeln auf an der Grenze, dann passiert uns nichts.“

Schutz auf Zeit für Syrer

Beim Thema Flüchtlinge plädiert Griss für eine Differenzierung: Asyl, für individuell Verfolgte. Subsidiärer Schutz für Kriegsflüchtlinge. Und klare Anforderungen für Migration. „Subsidiärer Schutz ist kein Bleiberecht für immer, das ist ein Schutz auf Zeit, diese Personen sind Österreichern nicht gleichgestellt.“ Den syrischen Flüchtlingen 2015 hätte man das für drei oder fünf Jahre gewähren können. Wer qualifiziert sei, könne sich dann auch als Migrant bewerben.

Ihre Kernthemen: „Eine neue Aufstellung des Staates, das beginnt bei einer Neuregelung de Föderalismus. Das ist die Bremse für notwendige Reformen. Man müsste so etwas machen wie einen neuen Verfassungskonvent.“ Es brauche keine neun Landesgesetzgebungen, „man könnte ja trotzdem einen Landeshauptmann oder eine Landeshauptfrau wählen als Identifikationssfigur.“ Und die Kompetenz für die Bildung sei zersplittert.

Bei einer möglichen schwarz-blauen Regierung sieht sie die Gefahr, dass Österreich bei den Themen Flüchtlingen, Ausländerpolitik oder Sozialpolitik nach recht rücke. Auch die Haltung zu Europa – etwa der Kurz-Vorschlag, dass EU-Ausländern erst nach fünf Jahren Anspruch auf Mindestsicherung haben – oder die Außenpolitik – dass Strache etwa den Visegrad-Staaten beitreten will – hält sie für problematisch. Sofern die Ankündigungen auch umgesetzt würden.

Nationalratswahl 2017

Die Nationalratswahl findet am 15. Oktober 2017 statt. Bundesweit treten zehn Listen an: SPÖ, ÖVP, FPÖ, Grüne, Neos, Liste Pilz, Weiße, FLÖ, KPÖ PLUS, GILT.

Wahlprogramme: Was fordern die im Nationalrat vertretenen Parteien? Die Wahlprogramme von SPÖ, ÖVP, FPÖ, Grüne und Neos im Überblick.

TV-Duelle und Chats: ORF und Privatsender veranstalten TV-Duelle. Die „Presse“ lädt alle Spitzenkandidaten der bundesweit antretenden Parteien zu Live-Chats: TV-Duelle und Chat-Termine im Überblick.

„Presse“-Services zur Wahl:Rainer Nowaks Wahlbriefing täglich um 7 Uhr in Ihrer Mailbox; WhatsApp-Service; SMS-Service.

(beba)

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