Arbeiter-Hochburg: Simmering und der rot-blaue Zweikampf

Paul Stadler, der Bezirksvorsteher von Simmering.
Paul Stadler, der Bezirksvorsteher von Simmering.(c) Die Presse (Stanislav Jenis)
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Der elfte Bezirk wird seit 2015 von der FPÖ regiert. Bürgermeister Häupl hatte damals umgehend die Rückeroberung des Arbeiterbezirks ausgerufen. Der 15. Oktober ist ein erster Stimmungstest.

Wien. Paul Stadler, der stämmige Bezirksvorsteher von Simmering, biegt gemütlich in die Hoefftgasse ein. Dort ist sein Wahllokal, dort gibt er seine Stimme ab, bevor er an diesem Sonntag in die Bezirksvorstehung geht. „Arbeiten“, wie er erklärt: „Ich bin Teil der Bezirkswahlbehörde, ich arbeite bis am Abend.“ Stadlers Gefühl für den entscheidenden Tag? „Ich hab kein Gefühl dafür, wie die Wahl ausgeht.“ Nachsatz: „Ich glaube, alle drei Parteien werden gleichauf sein“, zeigt sich der erste blaue Bezirkschef Wiens Stunden vor der ersten Hochrechnung optimistisch, dass die FPÖ noch Platz eins erreichen kann. Es ist eine blaue Hoffnung, die sich um 18 Uhr allerdings zerschlägt.

An diesem Sonntag geht es für Stadler allerdings nicht nur um die Nationalratswahl – was auch für die Wiener SPÖ unter Bürgermeister Michael Häupl gilt. An diesem Sonntag geht es um die Rückeroberung von Simmering, die Häupl am Abend des 11. Oktober 2015 ausgerufen hat. Es war jener Wahlabend, an dem erstmals in der Geschichte Wiens ein Bezirk bei einer Bezirksvertretungswahl blau aufleuchtete. Seitdem regiert dort Paul Stadler (FPÖ).

Der Arbeiterbezirk ist mehr als ein gewöhnlicher Bezirk. Es ist ein Symbol für das Rote Wien, ein Synonym für den Aufstieg und die Probleme der Sozialdemokratie in Österreich. Kein anderer Bezirk zeigt die rot-blaue Auseinandersetzung um Arbeiter und sozial Schwache besser. In keinem anderen Bezirk wurden in der Vergangenheit auch die Themen Mitgration und Integration heißer diskutiert als in Simmering. SPÖ-Funktionäre erinnern sich noch an Zeiten, als auf der Simmeringer Hauptstraße zahlreiche migrantische Lebensmittelgeschäfte ihre Waren nur auf Türkisch angeschrieben hatten: „Die Leute haben sich bei uns aufgeregt und gedroht, FPÖ zu wählen, wenn nichts passiert. Es war eine ordentliche Aufgabe, die Händler damals zu überzeugen, die Waren auch auf Deutsch anzuschreiben.“

Anders formuliert: In keinem anderen Bezirk Österreichs zeigt sich die rot-blaue Konfrontation so deutlich wie in Simmering. Hätte die rot-grüne Stadtregierung bei der Reform des Wiener Wahlrechts (wie von der SPÖ überlegt) eine Fünf-Prozent-Hürde auf Bezirksebene eingeführt, würden bei einer minimalen Änderung des Stimmverhaltens nur mehr SPÖ und FPÖ im Bezirksparlament sitzen. Die SPÖ kam 2015 auf 40,83 Prozent, die FPÖ auf 41,76 Prozent, während die Neos bei nur 3,43, die ÖVP bei genau fünf Prozent und die Grünen mit 5,56 Prozent nur knapp darüber lagen.

Allerdings: Bei der Nationalratswahl 2013 war Simmering noch tief rot. Damals lag die SPÖ mit 39,85 Prozent sogar deutlich vor der FPÖ (31,11 Prozent). Das will Stadler nun ändern, die SPÖ unter dem dortigen SPÖ-Bezirksparteichef Harald Troch im Gegenzug verhindern. Letzterer ging mit besonderer Motivation in den Wahlkampf – geht es in Simmering doch um sein Mandat als SPÖ-Nationalrat.

("Die Presse", Printausgabe, 16.10.2017)

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