Das „Hirn“ gegen das „Herz“: H. Clinton versus B. Obama

(c) AP (Jerry Lai)
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Die Auseinander-setzungen zwischen den demokratischen Spitzenkandidaten für die Präsidentschaft wird härter.

Washington. Viel haben Hillary Clinton und Barack Obama in den vergangenen Wochen nicht miteinander gesprochen. Wenn sie einander im Senat begegneten, schauten beide in die andere Richtung. Bei Parteiveranstaltungen sitzen sie stets weit voneinander entfernt. Nach einem Fernsehinterview machte Clinton sogar einen Umweg, um ja nicht Obama zu treffen, der gerade auf dem Weg zum Interview war.

Clinton und Obama sind auf dem besten Weg, die politische Steigerungsform von „Feind“ zu leben, die im Komparativ „Erzfeind“ und im Superlativ „Parteifreund“ lautet. Dabei sollten sie sich einen Rest von Sympathie bewahren: Viele spekulieren damit, dass Clinton 2008 als Präsidentschaftskandidat der Demokraten und Obama als ihr „running mate“, als Kandidat für die Vizepräsidentschaft, ins Rennen geht.

Die Spannungen zwischen den beiden wurden besonders deutlich bei einer TV-Debatte in Chicago in der Nacht auf Mittwoch. Mehrmals attackierte Clinton ihren innerparteilichen Herausforderer und warf ihm politische Unerfahrenheit vor. Obama schoss zurück und attackierte die Senatorin, weil sie Parteispenden von Lobbyisten annimmt und deshalb in deren Schuld sei. „Das ist das alte Washington, für das ich nicht stehe“, rief der Senator den 17.000 Gewerkschaftsmitgliedern zu, die sich zur Debatte in einem Football-Stadion versammelt hatten.

„Naiv“ und unerfahren

Die Diskussion, ob der „Frischling“ (Obama zog erst 2004 in den US-Senat ein) das Format für einen Präsidenten hat, begann nach der „YouTube“-Debatte: Dort hatte Obama geantwortet, er würde sich sofort mit den Präsidenten jener „Schurkenstaaten“ treffen, die die Bush-Administration diplomatisch boykottiert, darunter Venezuela und Iran.

Clinton konterte und bezeichnete ein solches Verhalten als „naiv“. Erst müssten diese Staaten bestimmte Voraussetzungen erfüllen, bevor sie einem solch hochrangigen Treffen zustimmen würde. Seither arbeitet das Wahlbüro der Senatorin aus New York intensiv daran, bei jeder Gelegenheit den Unterschied zwischen dem Jungspund und der einstigen First Lady herauszuarbeiten.

Etwa bei der Frage, wie man gegen al-Qaida vorgehen soll. Obama hatte vergangene Woche gesagt, er würde unilateral mit US-Truppen innerhalb Pakistans gegen die Terroristen kämpfen, wenn der pakistanische Präsidenten Pervez Musharraf weiter inaktiv bleibt. Dafür erntete Obama viel Kritik. Clinton belehrte ihren Parteifreund bei der gestrigen TV-Debatte: „Als Präsident sollte man nicht immer alles sagen, was man sich denkt, weil das weltweite Konsequenzen hat.“

Und noch eine Belehrung musste sich der 46-Jährige gefallen lassen: Er hatte in einem Gespräch mit einem Reporter über den theoretischen Einsatz von Nuklearwaffen gesprochen und für einige Aufregung gesorgt. Auch hier ließ Clinton wissen: „Als Präsidentschaftskandidat sollte man generell keine theoretischen Fragen beantworten.“

Die Auseinandersetzung über die politische Erfahrenheit scheint der New Yorkerin zu helfen: In einer aktuellen Umfrage führt sie das Feld der demokratischen Präsidentschaftsbewerber mit einem Vorsprung von 22 Prozentpunkten an. 48 Prozent würden für sie stimmen, nur 26 Prozent für Obama. An dritter Stelle liegt John Edwards mit zwölf Prozent.

Als Duo ins Weiße Haus?

Das ist das „Hirn“. Das Herz aber haben die Wähler bei Obama. Ihn lieben sie, sogar die Republikaner. 68 Prozent der früheren Bush-Wähler finden Obama sympathisch, ergab eine Umfrage des Fernsehsenders „Fox-News“. Insgesamt sind es 76 Prozent der Amerikaner, nur 13 Prozent finden ihn unsympathisch. Bei Clinton sieht es völlig anders aus: Nur 56 Prozent mögen sie, beachtliche 41 Prozent können sie nicht ausstehen. Unter Republikanern schnellt die Zahl gar auf 71 Prozent hoch.

Am Ende könnten sich aber Herz und Hirn wieder vereinen: Als Duo für das Weiße Haus, wenn es 2008 um die Präsidentschaft geht. Manche sehen in dieser Kombination freilich die sichere Niederlage für die Demokraten.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.08.2007)

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