Buhlen um die jungen Mitarbeiter

Berufsausbildung allein ist zu wenig: Unternehmen setzen immer mehr finanzielle und individuelle Anreize, um die schrumpfende Gruppe für sich zu gewinnen.

Noch sind es klassische Werbeformate wie Zeitungsinserate, Aufsteller in den Filialen oder TV-Spots. Doch der Wettbewerb um die Besten unter den Jungen verschärft sich. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis Unternehmen dafür zahlen, Lehrlinge zu Protagonisten von TV-Serien zu machen: Denn die Universität Münster hat erforscht, dass Serien eine erste Orientierung bei der Berufsentscheidung geben – Handwerksberufe kommen darin genauso wie Lehrlinge kaum vor. Dabei ist die Nachfrage nach Lehrlingen groß. Auch, weil es immer weniger von ihnen gibt. In Oberösterreich gab es zuletzt mehr offene Stellen als Lehrlinge.

Über mangelnde Nachfrage kann man bei McDonald's nicht klagen. Alexander Riedl, Lehrlingsverantwortlicher der Restaurantkette, registriert, dass seine Bewerber älter als noch vor ein paar Jahren sind. „Wir haben es mit jungen Erwachsenen zu tun“, sagt er. Mit steigendem Alter steigen die Ansprüche. Für sie sei die Lehre nur ein Teil des Weges, begleitet von der Frage: „Wann werde ich Restaurantleiter?“ Das Ziel sei, sagt Riedl, bald schon 50 Prozent der Restaurantleiter aus dem Kreis ehemaliger Lehrlinge rekrutiert zu haben. Um das Ausbildungsniveau zu vereinheitlichen, hat McDonald's eine Akademie für Systemgastronomie nahe Wiener Neustadt aufgebaut. Die ersten Lehrlinge haben vor wenigen Tagen abgeschlossen.

3000 Lehrlinge, also um 15 Prozent mehr als im Vorjahr, haben sich bis März bei der Kosmetikkette DM beworben. „Den Jugendlichen geht es nicht mehr rein um das Berufelernen an sich“, sagt DM-Geschäftsführerin Petra Mathi-Kogelnik, „sondern auch um Persönlichkeitsentwicklung.“

„Bedenklich, Jugendliche einzukaufen“
Kritisch sieht Mathi-Kogelnik, dass Unternehmen mit immer härteren Bandagen um die Jugendlichen werben und vermehrt auf monetäre Anreize setzen. „Die Frage ist, wo diese Entwicklung langfristig hinführen wird, denn die Tendenz, sich gegenseitig aufzuschaukeln und schließlich Jugendliche einzukaufen, ist gesellschaftlich nicht unbedenklich.“ Sie habe die Erfahrung gemacht, dass derartige Anreize nur kurzfristig überzeugten, es den jungen Menschen langfristig aber um andere Dinge gehe. Daher investiere DM weniger in iPhones und Führerscheine, sondern mehr in die Qualität der Seminare und Workshops.

Bei A1 setzt man stark auf weibliche Lehrlinge: Mädchen sind bei technischen Berufen noch immer in der Unterzahl, daher werden sie mit Coachings und Förderungsprogrammen unterstützt. Aktuell beschäftigt das Telekommunikationsunternehmen 236 Lehrlinge, davon 38 Mädchen. Um angehenden Elektronikerinnen und Informations- und Telekommunikationstechnikerinnen den Einstieg schmackhaft zu machen, werden nicht nur Aufstiegschancen angeboten, sondern wird besonderer Einsatz mit Boni oder zusätzlichen freien Tage honoriert. Zudem wird auch die berufsbegleitende Matura ermöglicht.

Diese bietet auch Siemens an. In der Lehrwerkstätte in der Wiener Siemensstraße bereiten sich alle Lehrlinge parallel zur Lehrlingsausbildung auf die Berufsreifeprüfung vor. Im Juni wird der erste Jahrgang zur Matura in Mathematik antreten. Jedes Jahr wird ein anderes Fach abgeschlossen. Rund 120 Lehrlinge werden im Herbst ihre Ausbildung bei Siemens beginnen.

Um für Lehrlinge attraktiver zu sein, bietet Croma-Pharma seit heuer vier neue Lehrberufe an. Aus Wien werde man kaum Lehrlinge in das im niederösterreichischen Leobendorf beheimatete Unternehmen lotsen können, sagt HR-Leiterin Bettina Karnolz, aber Lehrberufe wie IT-Technik, Pharmatechnologie sowie Finanz- und Rechnungswesenassistenz hätten Anziehungskraft. Immerhin basieren 90 Prozent des Umsatzes auf Produkten der hauseigenen Forschung und Entwicklung. Karnolz nennt pragmatische Gründe, warum das familiengeführte Unternehmen mit 470 Mitarbeitern in Österreich, weiteren elf europäischen Ländern, Kanada und den USA auf Lehrlinge setzt: „Wenn wir von null auf hundert in die Ausbildung investieren, können wir die jungen Talente unternehmensspezifisch formen.“ Schließlich wolle man die Mitarbeiter auch möglichst lange im Unternehmen halten, um ihre Talente optimal zu nutzen.

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