Goldmedaillen, die nicht nur glänzen

Lehre. Was Unternehmen tun können, um für Lehrlinge attraktiv zu sein. Von Michael Köttritsch

Sie jubelten, schwenkten die rot-weiß-roten Fahnen und bissen für die Fotografen in ihre Medaillen. Siebenmal Gold und insgesamt 19 Medaillen gewannen Österreichs Vertreter bei der Euro-Skills im französischen Lille. Besonders freuen durfte sich Oliver Anibas, Anlagenelektriker bei der Voestalpine, der als Bester aller 420 Teilnehmer aus der Berufseuropameisterschaft hervorging.

Österreichs Wirtschaft darf sich über diese Einzelleistungen nur bedingt freuen. Denn tatsächlich kommen die Erfolgreichen seit Jahren aus einer Handvoll Betriebe.

Insgesamt wirkt die Lehre angeschlagen: Derzeit werden etwas mehr als 120.000 Lehrlinge in rund 32.000 Betrieben ausgebildet. Ende September suchten 7012 junge Menschen eine Lehrstelle, doch nur 4599 Stellen waren ausgeschrieben. Angebot und Nachfrage klaffen auseinander, das Image ist angekratzt. Zwar fordern alle politischen Seiten, den Lehrberuf aufzuwerten, doch bewegt wird wenig.

Aktiver sind die Unternehmen selbst. Einige zumindest. Robert Frasch vom Netzwerk Lehrlingspower.at, das auch das Magazin „#ausbilden“ herausgibt, nennt einige Punkte, die Unternehmen mit erfolgreicher Lehrlingspolitik von anderen unterscheidet.

  • Vertrauen und wertschätzen. Gute Ausbildungsbetriebe, sagt Frasch, „trauen ihren jungen Mitarbeitern etwas zu. Sie lassen sie etwas tun.“ Damit meint er nicht nur die unmittelbare Tätigkeit, für die sie ausgebildet werden. Diese Unternehmen würden ihren Lehrlingen etwa zutrauen, auf Berufsmessen aufzutreten oder in Schulen zu gehen, um für Betrieb und Ausbildung zu werben – nach ihren eigenen Konzepten wohlgemerkt. Oder sie werden in Bereichen eingesetzt, in denen das Unternehmen von ihnen lernen kann: Die Wiener Stadtwerke etwa betreiben eine eigene Redaktion, in der die Lehrlinge ihre Kompetenz in Sachen Social Media einbringen können.
  • Authentisch sein. Auch im Recruiting von Lehrlingen gilt: ehrlich sein und die Wahrheit sagen. Überspitzt formuliert: Unternehmen, die mit Rapsongs um junge Leute buhlen, sind nur glaubhaft, wenn sie Rapkultur leben. Denn auch Authentizität zeigt, dass man die Lehrlinge ernst nimmt.
  • Vorbilder stärken. Unternehmen, denen die Lehrlinge wichtig sind, sind auch deren Ausbildner wichtig – und deren Vorbildwirkung. Frasch bezieht das auf die fachlichen und die sozialen Kompetenzen. Und, fragt Frasch, „wie wäre es, die Qualität der Lehrlinge als Kennzahl abzubilden und mit einem Bonus zu verbinden?“
  • Die Besten. Aber nicht nur. Natürlich suchen die Unternehmen nach den besten Kandidaten. Manchmal mit Lockangeboten und Geschenken. Sich gegenseitig in den Versprechungen hochzulizitieren hält Frasch für wenig sinnvoll. Die Unternehmen sollten sich lieber fragen: Geht es um den Arbeitsplatz und die Ausbildung oder nur um irgendwelche Goodies?

Erfolgreiche Betriebe konzentrierten sich nicht nur auf die Besten, sagt Frasch. Sie überprüfen bewusst nur Qualifikationen, die für den Job wichtig sind. Das heißt, sie nehmen auch Kandidaten, die in manchen Gegenständen nicht so gute Noten hatten. Die Gruppe ist dann zwar weniger homogen. Das Gefüge aber wirke sich durchaus positiv auf das Lernerlebnis aus.

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