Frauen machen Gitter, Männer machen Sterne

Frauen und Netzwerke. Männer vernetzen sich sofort nach oben, Frauen kümmern sich um ihr Team. Wer handelt nachhaltiger?

Tanja Zimmermann ist promovierte Physikerin. Sie leitet den Produktionsbereich für Ausbeute und Stabilität beim Chiphersteller Infineon. Ein sperriger Titel, hinter dem sich Wichtiges verbirgt: „Chips bestehen aus vielen winzigen Transistoren, jeder ist nur ein tausendstel Millimeter groß“, erklärt Zimmermann. „Sie werden im Reinraum hergestellt. Fällt auch nur ein einziges Staubpartikel auf einen Chip, ist er nicht mehr zu gebrauchen.“

Ihre Aufgabe ist, die Produktionsausbeute zu optimieren – was sich direkt auf das Betriebsergebnis niederschlägt.

Vom kleinen Chip zu großen Brocken: Zimmermann stimmt auch Investitionen der drei europäischen Standorte und der malaysischen Fertigung ab. Und sie trägt die Verantwortung für 200 Mitarbeiter und Führungskräfte.

Seit 19 Jahren ist die gebürtige Regensburgerin Infineon treu. 2005 zog sie mit ihrem Mann, ebenfalls ein Physiker, nach Österreich: „Ich bin von einem guten Ort zu einem exzellenten gewechselt“, lobt sie. In Villach will sie bleiben. Die Hierarchie bietet noch Luft nach oben, in der Produktion wie in der Technik.

Macht beginnt im Kleinen

Zimmermann ist Absolventin des eben zu Ende gegangenen achten Durchgangs von „Zukunft.Frauen“. Dessen Ziel: Frauen in Führungspositionen fit für den Aufsichtsrat zu machen (siehe Kasten).

Dabei hat sie das gar nicht so bald auf ihrer Agenda: „Im Aufsichtsrat zu sein bedeutet, Zeit zu investieren. Dafür arbeite ich im Moment zu viel.“ Weil man aber nie weiß, was kommt, bereitet sie sich schon jetzt vor: „Ich will wissen, worauf es ankommt. Und mich dabei selbst weiterentwickeln. Nur dann kann ich auch mein Team weiterentwickeln.“

Gebrauchen kann sie das Gelernte „auf jeden Fall“. Besonders das Modul zum Thema Macht: „Ich habe vorher nicht gewusst, was alles unter Machtausübung fällt. Das beginnt schon, wenn man den anderen nicht aussprechen lässt.“

Oder wenn man versucht, jemandem die Verantwortung für eine schlechte Produktionscharge zuzuschieben. „Anstatt mich zu verteidigen, bin ich mir jetzt dessen bewusst, dass ich damit die Macht in die Hände gelegt bekommen habe.“ Denn nun könne sie unangefochten die wahre Fehlerursache suchen. „Nur das bringt uns weiter. Und die Firma.“

Auch das Finanzmodul von „Zukunft.Frauen“ hatte es ihr angetan. „Als Aktiengesellschaft veröffentlichen wir quartalsweise unsere Bilanz. Da hilft es mir, besser zu verstehen, welche Auswirkungen meine Investitionsentscheidungen auf die Bilanz haben.“

Wie Frauen netzwerken

Der Impulsvortrag zum Thema Netzwerke führte ihr die Unterschiede zwischen Männer- und Frauennetzwerken vor Augen. Männernetzwerke sind sternförmig. Ein Mann spricht jeden anderen Mann im Netz direkt an und holt sich die nötigen Informationen. Die Beziehung ist Nebensache.

Frauennetzwerke hingegen sind gitterförmig strukturiert. Benötigt eine Frau Informationen, spricht sie eine Vertraute – ihren nächsten Gitterknoten – an und bittet um den passenden Kontakt. Zu dem baut sie eine Beziehung auf – und fragt erst dann nach den nötigen Infos.

Noch eine Erkenntnis gibt Zimmermann zu denken: Kommt ein Mann in eine neue Position, vernetzt er sich sofort mit der nächsthöheren Ebene, danach mit seiner eigenen. Frauen hingegen kümmern sich zuallererst um ihr neues Team. Die männlichen Kollegen mögen schneller vorankommen – die Frauen handeln nachhaltiger.

AUF EINEN BLICK

„Zukunft.Frauen“. Das Führungskräfteprogramm hat das Ziel, mehr Frauen in Vorstands- und Aufsichtsratspositionen zu etablieren und zu vernetzen. Entwickelt wurde „Zukunft.Frauen“ nach norwegischem Vorbild von Bundesministerium für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft (BMWFW), Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ) und Industriellenvereinigung (IV). Aktuell läuft der achte Durchgang. Er besteht aus acht halbtägigen Themenblöcken mit anschließenden Kamingesprächen mit Experten. Der neunte Durchgang wird von September 2015 bis Februar 2016 stattfinden. Die Bewerbungsfrist endet am1. Juni. www.zukunft-frauen.at

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