Management ist nur Zufälligkeit

Quergedacht. Was kann das Management aus der Sicht eines modernen Philosophen leisten? Nicht viel, so das Resümee einer anspruchsvollen Gedankenreise.

Lassen wir doch einmal einen Philosophen nachdenken, was er von der gängigen Managementtheorie hält: Heinz Palasser ist promovierter Philosoph. Wirtschaftswissenschaftler ist er auch, eine seltene Kombination. Für die „Presse“ hinterfragt er Management, wie wir es kennen, in der Denkweise der Philosophen.

1. Das Management will Resultate. Die Philosophie will nur nachdenken.
Von einem Manager wird erwartet, dass sein Handeln unmittelbare Ergebnisse zeitigt. Mit solcher Effizienz hat die Philosophie nichts am Hut. Sie denkt über Probleme und Begriffe nach – absichtslos. Theorie ist gut, die Praxis geht sie nichts an. Palasser wehrt sich „gegen die grassierende Untugend der Managementszene, die Philosophie als Ideenspender zu missbrauchen oder Handlungsanleitungen aus ihr abzuleiten“. Diese biete sie schlichtweg nicht. Dennoch schade auch Managern das philosophische Denken nicht: Es führe zu interessanten Einsichten und Erkenntnissen.

2. Ein Manager entscheidet. Warum so und nicht anders?
Wie die Managementtheorie postuliert auch die philosophische Strömung des Intellektualismus, dass Menschen ihre Interessen konsequent und durch vernünftige, rationale Handlungen verfolgen. Die Gegenströmung, der Affektpluralismus, streitet das ab: Menschen wollen ihre Bedürfnisse befriedigen. Diese wiederum sind von Trieben und Gefühlen bestimmt: Freude, Hass, Liebe, Trauer, Verlangen und Bewunderung sind auch Managern nicht fremd.

Entwickeln sie nun Strategien, herrscht stillschweigendes Einverständnis, so zu tun, als wären diese rational entstanden. „Wider besseres Wissen“, meint Palsasser. „Denn würden wir uns eingestehen, dass der Intellektualismus irrt, müssten wir jegliche Managementüberlegungen fallen lassen.“ Doch wir haben diese Einsicht geopfert – um weitermachen zu können wie bisher.

3. Der Homo oeconomicus ist tot. Es lebe der Homo oeconomicus!
Die Makroökonomie braucht ihn, die Praxis belächelt ihn. Dabei ist mit dem Begriff Homo oeconomicus weder der eiskalte Nutzenmaximierer noch der beinharte Egozentriker gemeint, obwohl das so oft behauptet wird. Die Philosophie bezeichnet mit dem gleichwertigen Ausdruck „rationaler Agent“ jeden, der seine Präferenzen benennen und sie in Relation zueinander bringen (priorisieren) kann. Dass wir das immer können, wollen wir alle nur zu gern glauben. Palasser: „Die Wirtschaft bekrittelt den Homo oeconomicus. Gleichzeitig identifiziert sie sich mit ihm.“

Schlussfolgerung: Trotz aller Kritik entspricht der Homo oeconomicus unserem Selbstverständnis mehr, als uns lieb ist.

4. Managementhandlungen ruhen auf Gründen, nicht auf Ursachen.
Ein Manager legt eine Strategie fest, und die Umsätze steigen. War die Strategie nun Grund oder Ursache für die Umsatzsteigerung? „Niemals die Ursache“, sagt Palasser. Denn Ursachen führen ausnahmslos und immer zu demselben Ergebnis. Die Schwerkraft ist die Ursache dafür, dass ein Stein zu Boden fällt – er fällt mit Notwendigkeit, jedes Mal.

Ein Grund hingegen (eine Strategie) erzielt einmal dieses, einmal jenes Resultat, immer abhängig von unzähligen anderen Variablen. Wenn also die Handlungen von Managern nur Gründe setzen und kein Ursachen sind, sind sie auch kein Ergebnis gesetzmäßiger Abläufe. Und damit gehört das Managen für einen Philosophen ins Reich der Zufälligkeit.

ZUR PERSON

Der Betriebswirt und Philosoph Heinz Palasser (48) beschäftigt sich in der 2012 gegründeten Academia Philosophia (www.academia-philosophia.com) u. a. mit Philosophie im Managementkontext.

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