Flexibles Zeitkonto verhindert Kurzarbeit

Porträt. Selbstbestimmung und Transparenz ermöglichen Veränderung: Andreas Ludwig führte bei Umdasch ein flexibles Arbeitszeitmodell ein.

Arbeitszeitmodelle werden in jüngster Zeit häufig diskutiert. Umgesetzt werden wenige. Ganz selten im industriellen Bereich, wo oft die Maschinenauslastung den Takt vorgibt. Anders beim Schalungskonzern Umdasch: In Amstetten haben die Mitarbeiter die Möglichkeit, in Boomzeiten – wie momentan – mit zusätzlichen Schichten ein langfristiges Zeitkonto zu befüllen. Das Ziel sei, sagt Vorstandschef Andreas Ludwig, einen Polster aufzubauen, um bei Bedarf auch ein Jahr lang mit Dreitagewochen auszukommen: Das soll helfen, auftragsschwache Phasen ohne Kurzarbeit oder Kündigungen zu überstehen.

Seit 2010 ist der 55-jährige Wiener Umdasch-Chef. Bereits 2013 erarbeitete er mit dem Betriebsrat einen Entwurf für flexiblere Arbeitszeit. Doch die Mitarbeiter legten sich quer. Damals, sagt Ludwig rückblickend, habe er die Selbstbestimmung der Mitarbeiter zu wenig berücksichtigt. Das neue Modell sieht vor: Mitarbeiter teilen sich freiwillig und nach ihren Möglichkeiten für zusätzliche Schichten ein, die Gruppe stellt sicher, dass zusätzliche Schichten gefahren werden können. Die selbst organisierten Arbeitsgruppen übernehmen Verantwortung und werden dadurch gleichzeitig aufgewertet.

Zwei Gründen sei es geschuldet, dass dieses Modell jetzt umgesetzt werden kann. Erstens beruhe es auf Vertrauen, sagt Ludwig: „Die Mitarbeiter vertrauen darauf, dass wir zusätzliche Arbeit nur fordern, wenn Bedarf besteht. Und wir vertrauen der Gruppe, dass sie genügend Mitarbeiter stellt.“ Zweitens setzen er und die Führungskräfte auf Kommunikation. Vor eineinhalb Jahren begannen sie mit dem „Talk2gether“. Bei diesen Gesprächsrunden mit zehn bis 15 Mitarbeitern kamen sämtliche heiklen Themen wie Arbeitszeit, Kurzarbeit oder die Gründe für die unterschiedliche Auslastung der Produktion zur Sprache. Sie wurden auch ins Intranet gestellt, was für zusätzliche Transparenz sorgte.

Vertrauen, Anerkennung und Feedback – von diesen Prinzipien sieht sich Ludwig geleitet, der vor seinem Engagement im Mostviertel bei Swarovski, UBS oder Zumtobel tätig war. „Ich lege Führung partizipativ an“, sagt er: Gut zuhören, das Problem verstehen und die richtigen Leute aussuchen. Also Spezialisten zusammenzuführen, die am besten zur Situation passen: „Eine Führungskraft muss eher stimulieren als selbst Ideen haben“, sagt Ludwig. Gute Führung kennzeichne auch „eine gewisse Hartnäckigkeit bei Themen, von denen man überzeugt ist“. Dieser Fokus sei wichtig, um nicht „hunderttausend Sachen gleichzeitig“ zu machen.

Mitarbeiter dürften durchaus auch mit Fragen zu ihm kommen – nicht nur mit Lösungen. „Solange sie nicht glauben, dass ich alles besser weiß.“ Er habe aufgrund seiner Erfahrung zwar schnell eine Meinung zu einem Thema, „aber ich würde mich nie als meinen besten Experten bezeichnen“.

Bei den rund 7400 Mitarbeitern weltweit sei er auch deshalb häufig, weil er Menschen gern in ihrem eigenen Umfeld kennenlerne. Deshalb reist er zu Terminen nach Möglichkeit schon am Vorabend an und geht mit dem Geschäftsführer und seiner Mannschaft essen: „Die Interaktion und wie sie miteinander umgehen können sie in einem Meetingraum in Amstetten nie simulieren.“

Künftig nach innen verkaufen

Zukünftig sieht er Führungskräfte noch stärker in der Funktion des Nach-innen-Verkaufens. „Die Zeit der autoritären Führungsmodelle ist endgültig zu Ende“, sagt Ludwig. Die jüngeren Generationen seien selbstbewusst und kritisch. Das sei großartig und gleichzeitig eine große Herausforderung. Daher sei es wichtiger, Entscheidungen nach innen zu verkaufen. „Ich muss zuerst meine eigene Mannschaft von einem neuen Produkt überzeugen, bevor ich dran denken kann, mit den Kunden zu reden.“

ZUR PERSON

Andreas Ludwig (55) ist seit 2010 Vorsitzender des Vorstands der Umdasch Group, die sich in das Schalungsunternehmen Doka und den Ladenbauer Umdasch Shopfitting gliedert. Davor war der Jurist unter anderem für Swarovski, UBS und Zumtobel tätig.

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