Industrie 4.0 – Bloß nicht abwarten!

Heimische Industriebetriebe misstrauen der vierten industriellen Revolution. Doch jetzt ist der falsche Zeitpunkt um abzuwarten.

Erst waren es Wasser und Dampf, dann Massenfertigung am Fließband mit elektrischer Energie und im 20. Jahrhundert kam die digitale Revolution. Nun steht uns Industrie 4.0 bevor. Cyber-physische Systeme, Smart Factories und das „Internet der Dinge“ sind die Grundlagen dieser Entwicklung. Im Wesentlichen geht es darum, dass sich Produktionsanlagen größtenteils selbst – ohne menschliches Zutun - organisieren. Waren Computer und das Internet bisher Mittelpunkt der menschlichen Aufmerksamkeit und mussten bewusst bedient werden, unterstützen „intelligente Gegenstände“ in Zukunft die Tätigkeiten der Menschen ganz unauffällig im Hintergrund.

Heimische Industriebetriebe klammern diese Entwicklung noch größtenteils aus. Wie eine vom Automatisierungstechnik-Unternehmen Festo in Auftrag gegebene Gallup-Umfrage zeigt, können 53 Prozent der österreichischen Unternehmen mit dem Begriff Industrie 4.0 nichts anfangen. Und auch bei den Kennern scheint die Vorstellung von der neuen Entwicklung noch sehr verschwommen zu sein – 25 Prozent geben an, noch mehr Informationen darüber zu brauchen. Gar 21 Prozent haben sich dem Trend ganz verschlossen – sie glauben dabei handle es sich lediglich um einen Hype, der auch wieder vorbeigehen wird.

Noch viel Aufklärungsarbeit notwendig

Dass dem nicht so ist, weiß Rainer Ostermann, Country Manager von Festo: „Was Industrie 4.0 betrifft, ist noch viel Aufklärungsarbeit notwendig.“ Die Tragweite dieser Entwicklung sei in Europa noch nicht allen klar, die USA und China wären hier schon weiter.

Was Industrie 4.0 für den Arbeitsmarkt heißt, ist umstritten. Während nur 31 Prozent der Befragten mit Arbeitsplatzverlusten rechnen, sind die Experten von Festo sich uneinig. Einerseits braucht es für die neue Entwicklung viel Flexibilität und deshalb viele Handarbeitsplätze, glaubt Hermann Studnitzka, Leiter der Didactic Concepts bei Festo. Andererseits werde, so Ostermann, der klassische Schlosser zukünftig nicht mehr in dem Umfang gebraucht wie heute. Klar ist, dass bestehende Berufe sich verändern müssen. Es brauche nicht zwangsläufig mehr Akademiker, sondern Fachkräfte, die über den Tellerrand hinausblicken. Die Mitarbeiter der Zukunft müssen sich in der realen und der virtuellen Welt zurechtfinden, so Studnitzka. Im Mittelpunkt der sich wandelnden Berufsbilder stehe vor allem der Mechatroniker – dieser werde in Zukunft als Dolmetscher zwischen den Fachgebieten agieren.

Budget für Weiterbildung steigt nicht

Wer nicht weiß wie es weitergehen soll, wartet erst mal ab. Das scheint auch die Strategie der heimischen Unternehmen zu sein. Denn während 2013 nur 37 Prozent der Befragten die Qualifizierung von Mitarbeitern als geplante Wachstumsmaßnahme nannten, waren es 2015 schon 55 Prozent. Doch hier scheint ein Umdenken stattzufinden, denn immer weniger Unternehmen planen das Budget für Ausbildungsmaßnahmen in Zukunft zu erhöhen.

Laut Studnitzka ist die Qualifizierung der Mitarbeiter allerdings eine Notwendigkeit im Zeitalter von Industrie 4.0. Fachwissen alleine reiche nicht mehr aus. Die Arbeitskräfte von morgen brauchen auch soziale und fachliche Kompetenz. Am allerwichtigsten sei es aber, nicht abzuwarten. "Industrie 4.0 ist eine systematische Entwicklung, der sich kein Industriebetrieb entziehen kann", so Studnitzka.

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