Worauf Kunden heute anspringen

Customer Experience. Bestehende Kunden halten, neue gewinnen – so weit, so klar. Bloß wie das gehen soll, darüber rätseln Sales-, Marketing- und Kundenmanager. Für Berater tut sich ein weites Feld auf.

Welche Erlebnisse muss man dem verwöhnten Kunden heute bieten, damit er anbeißt? Darüber zerbrach sich diese Woche am Customer Experience Forum in Wien so mancher den Kopf. Eine praktikable Leitlinie lieferte Robert Seeger, Experte für postmodernes Marketing.

Sparen Sie Ihrem Kunden Zeit: Zeit ist wichtiger als Geld. Der Konsument will alles jetzt, sofort und ohne Umwege. Als abschreckendes Beispiel nennt Seeger das Glasfaserkabelangebot eines Telekomanbieters: Nach endlosem Formularausfüllen poppt ein Insert auf, das Angebot sei in diesem Wohngebiet nicht verfügbar. Zurück bleibt der verärgerte Konsument.

Lernen Sie schreiben: „Wir informieren Sie über eine nicht ausschließlich begünstigende Änderung unserer AGB“ – derartige Texte haben in die Zeit Kaiser Franz Josefs gehört, ätzt Seeger. Unternehmenskommunikation erfolge mehrheitlich schreibend – das aber „entsetzlich schlecht“. Sich in alle Richtungen absichernde Rechtsabteilungen trügen das Ihre bei. Ziel müsse sein, „so zu schreiben, dass man es auch versteht“.

Inszenieren Sie sich: Im Billigladen kostet eine Bluejean 20 Euro. Bei den Gebrüdern Stitch zahle man das 17-Fache, sagt Seeger, warte drei Monate auf einen Termin und noch länger auf die Hose. Das Konzept gehe jedoch auf, weil die Schneider ein perfekt zeitgeistiges Kundenerlebnis böten. So wie das holländische Hans-Brinker-Budget-Hotel, das sich selbst als das schlechteste Hotel der Welt bezeichnet. Jeden Monat erfindet es originelle Unzumutbarkeiten für seine Gäste – die ihm die Tür einrennen.

Storydoing statt -telling: Der Geschichten sind genug erzählt. Nun müssen Taten folgen: Als Josy, die Plüschgiraffe, von ihrem kleinen Besitzer in einem Hotel vergessen wurden, schickte sie ihm der Manager nicht bloß nach. Er postete auf Facebook Fotos, was Josy inzwischen alles unternommen hatte: mit Sonnenbrille am Pool sitzen etwa. Die Bilder wurden unzählige Male geliked – das Hotel hätte sich keinen besseren Imageschub wünschen können.

Werde eine mutige Autorität: „Publico, ergo sum“ – „Ich publiziere, also bin ich“ scheint das Motto vieler Unternehmen vor allem in den Social Media zu sein. Das Ergebnis sind nicht zu Ende gedachte Aktionen wie die Anti-Rassendiskriminierungskampagne von Starbucks. Ein Shitstorm ist gefolgt, als herausgekommen ist, dass Farbige dort nur in den unteren Rängen beschäftigt sind.

Mut ist nötig, will man sich von seinen Kunden nicht auf der Nase herumtanzen lassen. US-Kinos rufen ihre Besucher auf, Störenfriede, die während des Films auf dem Handy herumspielen, zu fotografieren und die Bilder zu posten. Sinngemäß: Der Kunde ist König, aber alles lassen wir uns auch nicht gefallen.

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