Typologie: So knacken Sie Ihren Chef

Psychologie. Wie tickt der Boss, was liegt ihm und was gar nicht? Executive Coach Claudia Daeubner hat aus einer Typologie ein Werkzeug für viele Zwecke erstellt. Samt Bedienungsanleitung für jeden einzelnen Cheftyp.

Er ist ein Alphatier. Willensstark, entschlossen und dominant. Er will Resultate, jetzt und sofort. Er peitscht seine Leute zum Ziel. So manche Leiche pflastert seinen Weg.

Und genau damit stoße er an seine Grenze, analysiert Executive Coach Claudia Daeubner. Denn je höher der dominante Typ steigt, desto weniger wagt ihm sein Umfeld einen Spiegel vorzuhalten. Es duckt sich. Irgendwann denkt er, es sei völlig in Ordnung, so zu sein.

Psychologen lieben es, Menschen zu kategorisieren. Im Jahr 1929 konstruierte W. M. Marston sein Modell der vier Grundpersönlichkeiten. Daeubner entwickelte daraus vier Managercharaktere, samt ihren Ängsten und Antreibern.

Der Macher (siehe oben) findet sich ganz oben in der Vorstandsetage. Solange er Ergebnisse vorweisen kann, fühlt er sich sicher. Sein Horrorszenario ist Kontrollverlust. Wer ihn knacken will, muss seinen Respekt erringen, sprich: keine Angst zeigen. Rastet er wieder einmal aus, hilft nur, ihm fest in die Augen zu schauen (Tipp: starr auf das kleinere Auge fokussieren), ruhig seine Worte zu wiederholen und seinen Namen daranzuhängen. Daeubner: „Ist er in Rage, hat er so viel Adrenalin und Cortisol im Blut, dass nur mehr sein Name zu ihm durchdringt.“ Der wirke dann wie ein Stoppschild.

Der Motivierer ist der klassische Sales- oder Marketingmanager. Er ist kreativ, spontan und sehr emotional. Er liebt die Bühne, redet gern und gut. Seine Stärke ist das Wort, nicht die Zahl.

Ihm geht es um Anerkennung und Beliebtheit. Damit lässt er sich auch motivieren. Unter Stress reagiert er schon mal über. Dann ist es ganz falsch, ihn festzunageln und in die Enge zu treiben (Gesichtsverlust). Er würde sich nur Retter und Verbündete suchen und die Emotionen weiter schüren. Besser ist, ihm Anerkennung und Bestätigung zu signalisieren und dann abzulenken. Motivierer vergessen schnell.

Der Analytiker findet sich in Finance, Technik, IT und Recht. Überall dort, wo es Regeln gibt, die er aufstellen oder akribisch genau einhalten kann. Er will perfekte Arbeit bis ins letzte Detail und weiß alles besser.

Menschen sind ihm nicht so wichtig. Sein Selbstwert beruht auf seinem Expertenstatus. Daher ist sein persönlicher Albtraum, öffentlich kritisiert zu werden. Unter Druck wird er zum pessimistischen, sich endlos wiederholenden Schwarzmaler. Um das abzubremsen: mitschreiben, darauf hinweisen, diesen Punkt schon notiert zu haben, und nach konkreten Lösungen fragen. Das setzt sein analytisches Denken in Gang.

Der Harmoniesucher findet sich selten an der Spitze. Dafür ist er zu nett, verständnis- und rücksichtsvoll. Er ist überall dort gut, wo zuhören gefragt ist. Chaos, Risiko, Ungewissheit und Streit sind ihm ein Gräuel. Unter Stress zieht er sich zurück – dann bloß keinen Druck ausüben. Es braucht Fingerspitzengefühl, Einfühlsamkeit und vor allem Geduld. So lässt er sich auch zu Entscheidungen führen, die ihm sonst gar nicht leicht fallen. Er ist wie ein Fass: Es dauert lang, bis es voll ist, und schwappt dann heftig über. Dann wird er sogar zum unbewussten Saboteur, „vergisst“ etwa wichtige To-dos.

Glücklicherweise finden sich die vier Persönlichkeiten kaum in Reinkultur. Die meisten starten in einer Ecke und erwerben im Lauf der Jahre andere Facetten dazu. Hervorragende Führungskräfte sind etwa kombinierte Macher und Motivierer. Sie schaffen es, die Mannschaft zu begeistern und gleichzeitig Resultate sicherzustellen.

Analytiker mit Macherqualität sind gute CFOs, CTOs und CIOs. Kombiniert mit Harmoniequalität passen Analytiker wunderbar in Servicetechnik und Helpline.

Motivierer plus Harmoniesucher bleiben leicht im Mittelbau stecken, weil sie sich nicht durchsetzen können.

Richtige Probleme haben die anderen Persönlichkeitstypen miteinander: Der Macher nimmt den Harmoniesucher nicht ernst, der wiederum hält ihn für einen Despoten. Der Analytiker bezeichnet den Motivierer als Blender, der nennt ihn einen Erbsenzähler. Detail am Rand: Im Privatleben ziehen einander genau diese Typen an.

ZUR PERSON

Harvard-Absolventin Claudia Daeubner startete ihre Karriere in Südafrika beim deutschen AEG-Konzern. Seit 1999 coacht sie Executives weltweit. Die Rotarierin ist Mitglied der American Society for Training and Development (ASTD).

("Die Presse", Print-Ausgabe, 25.04.2015)

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