Mensch – Maschine: Ein offenes Match

Job-Maschinen. Die Technologie liefert (noch) keinen Ersatz für Wahrnehmung, Kreativität und soziale Fähigkeiten von Menschen. Dennoch: Mehr als die Hälfte der Jobs in Europa ist gefährdet.

In Zukunft müssen Arbeitnehmer noch ,menschlicher‘ werden, um gegen die Technologie zu gewinnen.“ Was Michael A. Osborne sagt, klingt nach einem Zitat aus einem schlechten Science-Fiction-Film. Doch Osborne ist real. Er ist Professor für Ingenieurwissenschaften an der Oxford University und Leiter der Machine Learning Research Group.

Computer, ursprünglich eingesetzt um Routineaufgaben durchzuführen und Menschen von banalen und sich wiederholenden Arbeiten zu befreien, seien dabei, diemenschliche Arbeitskraft in einer Reihe von kognitiven wie auch manuellen Aufgaben infrage zu stellen, sagte Osborne beim 14. von der Saïd Business School initiierten Kongress Silicon Valley Comes to Oxford im Mai. Gleichzeitig müssten wir (Menschen) unseren Maßstab für Produktivität und Arbeit neu definieren, falls wir nicht unter dem Druck der Geräte und unbegrenzten Daten zusammenbrechen wollen, die mit unserer begrenzten Zeit und Aufmerksamkeit in Konkurrenz stehen, sagte Osborne.

Was die Menschen als Arbeitskräfte „menschlicher“ macht, beschreibt Osborne als „Aufgaben, bei denen die Computerisierung nicht nützlich ist“. Sie erforderten kreative und soziale Intelligenz. „Arbeiter, die das Rennen gegen die Technologie gewinnen möchten, müssen sich also kreative und soziale Fähigkeiten aneignen. Dies erfordert eine Neubewertung unserer Haltung gegenüber der Ausbildung und Entwicklung.“

Selbst Juristen sind nicht sicher

Gemeinsam mit Carl Benedikt Frey nahm Osborne an der Universität Oxford 702 Berufe unter die Lupe. Die beiden berechneten, wie wahrscheinlich es ist, dass diese Berufe bis zum Jahr 2030 von Robotern übernommen werden.

Am sichersten dürfen sich demnach Physiotherapeuten, Notfalltechniker oder Psychologen und Psychotherapeuten fühlen. Dass ihre Jobs computerisiert werden, ist nach der Studie sehr unwahrscheinlich. Nicht ganz so sicher sind die Jobs von Juristen: Dass Computer mithilfe von Big Data und künstlicher Intelligenz ihren Platz einnehmen, ist zwar noch Zukunftsmusik, aber keinesfalls unrealistisch.

Callcenter-Mitarbeiter, Sachbearbeiter, Näher, Speditions- und Logistikmitarbeiter, ja selbst Uhrmacher sollten sich hingegen Gedanken über alternative Beschäftigungen machen. 47 Prozent aller Jobs in den USA, lautet der Schluss von Frey und Osborne, seien damit akut gefährdet. In der EU, prognostizierte Ökonom Jeremy Bowles von der London School of Economics, seien in den kommenden 20 Jahren sogar 54 Prozent der Arbeitsplätze in Gefahr.

Wenig erstaunlich hält die International Federation of Robotics dagegen. In einer Studie aus dem Jahr 2013 prognostiziert sie, dass in den kommenden acht Jahren weltweit zwischen 1,9 und 3,5 Millionen Industriearbeitsplätze durch die Robotik geschaffen werden.

Zumba schafft Arbeitsplätze

Nicht ganz so belastbar (dafür unterhaltsam) sind die Daten, die das Social Network LinkedIn aus seinen Benutzerprofilen zum Thema Berufe mit Zukunft ermittelt hat: Vor fünf Jahren habe es kaum IOS- oder Android-Entwickler gegeben. Das ist eine Steigerung um das 142- bzw. 199-Fache. Die Zahl an Zumba-Instruktoren sei in dieser Zeit gar um das 396-Fache gestiegen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.06.2015)

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