Reich werden, ohne selbst zu arbeiten

Kolumne "Karrierewege". Von Kindesbeinen an werden wir darauf getrimmt, Dinge selbst zu tun. Aufgaben zu delegieren ist für Jugendliche keine Option, vor allem, wenn es um das Aufräumen des Kinderzimmers geht.

In der Schule und beim Studium setzt sich diese Entwicklung fort. Es ist absolut verpönt, Prüfungen oder schriftliche Arbeiten von jemandem anderen erledigen zu lassen. Auch wenn das Geschäft von Ghostwritern für Projektarbeiten und Masterthesen dem Vernehmen nach zu blühen scheint, ist während der Ausbildung alles andere als die persönliche Leistung nicht zulässig.

Im Berufsleben gelten andere Regeln und viele Menschen tun sich mit diesen neuen Rahmenbedingungen schwer. Sie meinen, dass sie nach wie vor alles selbst machen müssen und begehen damit einen entscheidenden Karriereirrtum.

Besonders schlimm geht es jenen, die ihr Glück außerhalb eines Unternehmens suchen und sich selbstständig machen. Die meisten von ihnen arbeiten dann selbst und ständig. Sie erledigen alles auf eigene Faust, rackern sich dabei zu Tode und kommen wirtschaftlich dennoch auf keinen grünen Zweig.

Während der Ausbildung macht es natürlich Sinn, Fleiß an den Tag zu legen und sich die Inhalte selbst zu erarbeiten, Fähigkeiten zu erlernen und einzuüben. Aber im Berufsleben sind jene am erfolgreichsten, denen es gelingt, interne oder externe Mitarbeiter zu finden, aufzubauen und zu entwickeln, die die Arbeit für einen erledigen. Es geht darum, die Arbeiten selbst erledigen zu können, es aber nicht selbst zu tun.

Hinzu kommt, dass es in der heutigen Zeit anders als in früheren Generationen in den meisten Berufen nicht möglich ist, sich durch eigene Arbeit ein Vermögen aufzubauen. Das Gehalt reicht häufig nur für ein geregeltes Leben, für eine einigermaßen schöne Wohnung und für den einen oder anderen Urlaub. Wirklich reich wird heutzutage, wer die Arbeit delegiert und andere für sich arbeiten lässt.

Ein Blick auf die erfolgreichsten Unternehmen unserer Tage spiegelt diese Entwicklung wieder: Uber besitzt kein eigenes Taxi, Airbnb besitzt keine eigene Unterkunft. Und auf Facebook bin ich auch nur wegen der Fotos, die meine Freunde posten. Die Inhalte, die Facebook selbst erstellt, interessieren mich nicht.

Verstehen Sie mich richtig: Es ist wichtig, Dinge selbst zu können. Wer nichts kann, bekommt keinen Job und keine Aufträge. Aber das Geheimnis des beruflichen Erfolgs besteht in der Delegation von allen Aufgaben, bis am Schluss nur noch jene Tätigkeiten übrig bleiben, die ich selbst gut und gern mache.

Wie es geht, zeigt eine 11-jährige Schülerin, die eine Geschäftsidee hatte: Für 50 Cents bot sie ihren Mitschülerinnen an, ihren Spind aufzuräumen. Nachdem sie die ersten Kundinnen hatte, fand sie eine Freundin, die bereit war, die Arbeit für 10 Cents zu erledigen. „Und wenn es nicht ordentlich ist, bezahle ich dich nicht.“

Als einige Lehrer von der Idee erfuhren, hielten sie manche für Ausbeutung. Aber die Eltern unterstützten das Mädchen und hoben einen wichtigen Aspekt hervor: „Selbstständig machen kann sich jeder. Aber unsere Tochter hat zusätzlich einen neuen Arbeitsplatz geschaffen.“

Conrad Pramböck ist Berater und Speaker zu Gehalts- und Karrierethemen. Er leitet bei der Personalberatung Pedersen & Partners den Geschäftsbereich Compensation Consulting.

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