Die rockende Chefin gibt den Ton an

Porträt. Compact-Electric-Eigentümerin Ulrike Haslauer setzt auf Mitarbeiter, die ihr gesamtes Berufsleben in ihrem Unternehmen verbringen. Und wer musikalisch ist, darf mit ihr auf die Bühne.

Sich Feedback zu holen, als Balletttänzerin auf der Bühne zu stehen und sich gelegentlich mit ihrem Vater zu matchen – das hat Ulrike Haslauer schon früh Selbstvertrauen gegeben. Bei ihrer Matura 1987 wusste sie: „Ich möchte einmal den Familienbetrieb führen.“ Compact Electric nämlich, das 1965 gegründete Unternehmen, das ihr Vater 1982 erworben hatte. Deshalb studierte die heute 45-Jährige auch Betriebswirtschaft. Als ihr Vater 1989 plötzlich starb, musste sie früher, als ihr lieb war, den Betrieb übernehmen und entwickelte ihn zu einem auf Schaltschrankbau, Arbeitssicherheitsinstrumente und Entwicklung von elektronischen Geräten spezialisierten Unternehmen.

Das Selbstvertrauen und technisches Wissen halfen ihr, sich in der Männerdomäne zu etablieren. „Man muss das eigene Produktportfolio und den Kundenkreis sehr gut kennen und überlegen, was wo passt“, sagt die Wienerin. Und dabei übernimmt sie viele Aufgaben, von der Akquise bis zum Troubleshooting: „Wenn ich als Frau auf der Baustelle auftauche, dann sorgt das immer für einen Überraschungseffekt.“ Und beinahe immer gelinge es, sich (mit den Herren) hinzusetzen, die Probleme zu sondieren und einen gemeinsamen Plan zu entwickeln.

Technik – nichts für Mädchen?

Sie sei froh, sich dieses Selbstvertrauen erarbeitet zu haben: „Das wird jungen Mädchen von zu Hause oft nicht mitgegeben.“ Mädchen würden sich gerade bei technischen Berufen fragen: Kann ich mir das zutrauen? „Das ist schade, weil sie wirklich sehr viel leisten können. Und ihr Licht unter den Scheffel stellen.“ Entsprechend schwer falle es Haslauer, Technikerinnen zu finden. „Das tut mir sehr leid. Es ist unsexy für ein Mädchen, in die Technik zu gehen. Und das möchte ich ein bisserl aufbrechen.“ In ihrem Unternehmen und im Rahmen ihrer Innungstätigkeit: „Wir gehen in die Polytechnischen Lehrgänge und versuchen zu werben.“ Das mache sie auch persönlich, weil es ihr Spaß mache, ihre Begeisterung zu vermitteln.

Diese Begeisterung und die Nähe zu den Mitarbeitern macht für sie das Besondere eines Familienunternehmens aus. „Es funktioniert wie eine gute Familie“, sagt Haslauer, „man muss diese wertschätzende Art verinnerlichen, damit man sie leben kann.“ Vertrauen, Respekt, füreinander einstehen, Verantwortung übernehmen: „Diese Werte einer Familie sollten auch im Wirtschaftsleben vorn stehen“, sagt Haslauer.

Kultur der offenen Bürotür

Folglich ist ihr die Mitarbeiterauswahl ein Anliegen. „Es gibt bei uns wenig Fluktuation. Die Mitarbeiter sind untereinander und mit mir eng verbunden“, sagt sie. Entsprechend hat sich auch niemanden im Vorzimmer sitzen, der sie abschottet. Das habe Vor- und Nachteile, weil jeder jederzeit zu ihr kommen könne, was das Zeitmanagement mitunter schwierig gestalte.

Aber: „Wir sind kein Durchzugshaus, wer bei uns anfängt, von dem stelle ich mir vor, dass er bis zur Pension bleibt.“ Das würden auch die Bewerber und Mitarbeiter schätzen, die sich gern auf eine langfristige Beziehung einlassen.

Und mit einigen ihrer Mitarbeiter steht sie sogar auf der Bühne: 2008 hatte sie die Idee, eine Band zu gründen. So entstand das Compact Electric Light Orchestra mit ihr als Sängerin und fünf Musikern aus dem Unternehmen. Einer von ihnen, Bereichsleiter Richard Fraisl, hat am Konservatorium Gitarre studiert. Mehrere Auftritte mit Coversongs legt die Band jedes Jahr hin. Unter anderem bei Kunden und Lieferanten. Zuletzt beim 50-Jahr-Fest des eigenen Unternehmens. Geprobt wird für Auftritte zweimal die Woche: in der Materialhalle. Und das ist gleichzeitig ein Treffpunkt für die Mitarbeiter, die zuhören und Feedback geben.

ZUR PERSON

Ulrike Haslauer (45) wusste schon als Jugendliche, dass sie den 1965 gegründeten Betrieb einmal übernehmen möchte. Nach dem plötzlichen Tod ihres Vaters musste die Betriebswirtin schon sehr früh in die Führungsrolle schlüpfen. Seit 2004 ist sie auch Eigentümerin und Geschäftsführerin von Compact Electric. Daneben ist die ambitionierte Musikerin u. a. für die Innung der Mechatroniker tätig.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 17.10.2015)

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