Innere Stärke zeigen

Kolumne "Karrierewege". Feedback ist wie ein Drink an der Bar, den der Barkeeper ungefragt vor Sie hinstellt. Warum Sie ihn annehmen sollten.

Die meisten Manager demonstrieren Stärke, indem sie Macht und Status hervorkehren und sich in der Kommunikation mit ihren Mitarbeitern auf ihre hierarchische Stellung berufen. Doch in unserer Zeit, in der Autoritäten immer mehr an Bedeutung verlieren, entscheidet vor allem die innere Stärke der Persönlichkeit darüber, ob Manager als charismatische Führungspersönlichkeiten erlebt werden.

Das Berufsleben bietet Führungskräften und Mitarbeitern viele Möglichkeiten, innere Stärke zu zeigen. Häufig geht es nur um Kleinigkeiten, die jeder umsetzen kann, um an Charisma und Ausstrahlung zu gewinnen.

„Der beste Rat, den ich während des Studiums erhielt“, verriet ein junge Manager, „lautete, auf jede Aussage der Professoren, die keine Frage an mich war, mit dem kurzen Satz zu antworten: ‚Danke für Ihr Feedback.‘ So saß ich etwa bei der Verteidigung meiner Masterarbeit und hatte das Gefühl, dass sich die Kommission auf meine Kosten profilieren und mir zeigen wollte, dass sie fachlich viel kompetenter sei als ich.“

„Gleichgültig was mir die Professoren vorhielten, etwa dass ich von wissenschaftlichem Arbeiten nichts verstünde und das Thema nicht im Griff hätte, ich antwortete stets: ‚Danke für Ihr Feedback.‘ Ich erhielt eine beachtlich gute Note und freute mich, in der Begründung zu lesen: ‚Kann Feedback gut annehmen.‘“

Auch wenn innerlich der Kragen beinahe platzt und Wut und Schamgefühle überhand zu nehmen drohen, und auch wenn einem ein freches Gegenwort auf der Zunge liegt: Die beste Reaktion auf Kritik ist der einfache Satz: „Danke für Ihr Feedback.“ Machen Sie danach geistig einen Punkt und lassen sie das Gesagte einmal wirken. Star-Investor Warren Buffett meinte dazu: „Sie können einem Menschen auch morgen noch sagen, dass er ein Idiot ist.“

Feedback ist wie ein Drink an der Bar, den der Barkeeper ungefragt vor Sie hinstellt. Sie können ihn annehmen oder nicht. Aber was immer Sie damit tun, sie können sich jedenfalls beim Barkeeper dafür bedanken.

Eine weitere Gelegenheit, innere Stärke zu beweisen bietet sich Führungskräften, wenn einer ihrer Mitarbeiter kündigt. Viele Manager reagieren trotzig: „Wenn Sie meinen, dass Sie es woanders besser haben. Machen Sie, dass Sie raus kommen.“ Manche sind beleidigt, indem sie den Mitarbeiter nun die kalte Schulter zeigen, oder werden aggressiv und rachsüchtig, indem sie ihm das Leben schwer machen. Manche werten den Mitarbeiter im Nachhinein ab: „So gut war er auch nicht. Jeder ist ersetzbar.“ Nichts davon ist eine gute Lösung.

Eine Trennung ist für beide Seiten unangenehm und schmerzhaft. Wahre innere Stärke demonstriert derjenige, der die Entscheidung des anderen akzeptiert, wie sie ist, seinem Gegenüber nur das Beste für sein Leben wünscht und beim Abschied aus vollem Herzen sagen kann: „Mögen Ihnen all Ihre Wege freundlich entgegenkommen.“

Conrad Pramböck ist Berater und Speaker zu Gehalts- und Karrierethemen. Er leitet bei der Personalberatung Pedersen & Partners den Geschäftsbereich Compensation Consulting.

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