Ein Schuldirektor denkt quer

Porträt. Andersdenker finden sich überall. Auch in der Schule. Wolfgang Zeiler, Direktor der über das Triestingtal hinaus bekannten Polytechnischen Schule Pottenstein, löst Probleme auf seine Art.

Unspektakulär sei sein Werdegang gewesen, winkt Wolfgang Zeiler, Direktor der Polytechnischen Schule Pottenstein, ab. Unspektakulär, aber prägend. Zeiler (55) war Schüler der vom Industriellen Arthur Krupp finanzierten Volksschule Berndorf. Deren Klassen sind im Stil von zwölf Geschichtsepochen eingerichtet. Von Ägyptisch bis Empire, wie ein Museum: „Bloß sonderlich kreativ durften wir nicht sein. In der Pause sind wir wie im Häf'n im Kreis gegangen, damit wir nur ja nichts kaputt machen.“

Zeiler verbrachte sein gesamtes berufliches Leben im Triestingtal. Ein Vorteil, dort jeden zu kennen: Nach der Pädagogischen Akademie sprach ihn der Bezirksschulinspektor auf der Straße an, ob er sich vorstellen könne, im „Poly Pottenstein“ zu unterrichten. Mit dem polytechnischen Lehrgang für die neunte Schulstufe konnte er damals nicht viel anfangen. „Gibt es eine Alternative?“, fragte er. „Nein“, antwortete der Bezirksschulinspektor, „du gehst freiwillig, oder ich versetze dich.“ Das war vor 33 Jahren. Heute kann sich Zeiler nichts anderes mehr vorstellen. Die 14- bis 17-Jährigen auf das Berufsleben vorbereiten und möglichst alle in den Arbeitsprozess eingliedern sei sein Ziel, sagt er. Doch es werde von Jahr zu Jahr schwerer. Nach acht Schuljahren beherrschten viele das kleine Einmaleins nicht, hätten Probleme mit Rechnen, Schreiben und Lesen. In einem Jahr könne er das nicht aufholen.

Nicht lamentieren – machen

Jammern ist seine Sache nicht. Lieber denkt Zeiler nach, wie er die Dinge lösen kann. Weil die Aufnahmetests der Lehrstellenanbieter immer früher starten, drehte er etwa den Mathematikunterricht um. Statt durchgehenden Unterrichts gibt es nun vier Module, zwei technische und zwei kaufmännische. Jene beiden, die der Schüler für seinen Wunschberuf braucht, absolviert er zuerst, die anderen nach dem Halbjahr: „Das macht ihn fit für die Aufnahmsprüfung.“

Mit den Unternehmen im Triestingtal hat sich Zeiler schon vor Jahren zusammengesetzt. Allein sechs von ihnen sind große Metallverarbeiter. Doch nicht die Konkurrenz trennt, sondern ein gemeinsames Interesse eint sie: gute Facharbeiter in der Region zu halten. Jetzt helfen sie zusammen. Sie sprechen sich ab und unterstützen die Schule mit Werkzeug, Know-how und finanziell. Natürlich auch, um für sich die Rosinen aus dem Kuchen zu picken: „Macht doch nichts, wenn später einer zum anderen wechselt. Das gleicht sich aus.“

Auch die jährliche Schulmesse hat Zeiler gerade umgestellt. Die Firmen präsentieren sich nicht mehr als Arbeitgeber, sondern stellen Berufe vor. Für die Jugendlichen ist das wichtiger.

Brauchbares fürs Leben

Weil er den Schülern möglichst viel mitgeben will, das ihnen später nützt, bietet er auch Sonderkurse an. Etwa den Mopedführerschein (die öffentliche Anbindung ist ausbaufähig) oder eine Diplomausbildung zum Babysitter, mit der seine Mädchen auch für die großen Agenturen arbeiten dürfen.

Auch zu den Eltern hat er einen Weg gefunden. Viele kämen nicht gern in die Schule, sagt er, die Schwellenangst sei sehr hoch. Seit er aber ein elektronisches Informationssystem eingeführt habe, mit dem die Eltern täglich von Hausübungen bis Fehlstunden alles mitverfolgen können, ändere sich das: „Die Zugriffszahlen überraschen sogar mich.“

Immer ein Schritt nach dem anderen, so brächte man viel weiter, sagt Zeiler. Wohl wissend, dass er nicht alles ändern könne. Am schlimmsten träfen ihn Kinder, die gar keine Arbeit wollen: „Mama und Papa leben gut von der Sozialhilfe. Warum soll er sich dann anstrengen?“ Diesen Kindern fehle der Horizont, sagt der Direktor. Und sie würden immer mehr.

ZUR PERSON

Wolfgang Zeiler (55) leitet seit zehn Jahren die Polytechnische Schule Pottenstein, an der er seit 33 Jahren arbeitet. Dort bereitet er im Schnitt 75 Schüler, die Volks- und Hauptschule erfolgreich absolviert haben, im gesetzlich verpflichtenden neunten Schuljahr auf ihre Berufswahl und ihr späteres Berufsleben vor. Ziel ist es, für möglichst alle eine Lehrstelle zu finden, bevorzugt im Triestingtal.

("undefined", Print-Ausgabe, 21.11.2015)

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