Kultur des Scheiterns: Donald Duck als Karrierevorbild

Wären manche nach dem Scheitern nicht wieder auf die Beine gekommen, gäbe es heute weder Licht in der Glühbirne noch die Beatles. Warum Österreich nicht eine Kultur des Scheiterns, sondern des Aufstehens braucht.

Donald Duck scheitert in jeder Episode. Meistens sogar mehrmals. Ob er stecken bleibt oder sich eine Schraube löst, er ist ein notorischer Pechvogel und Choleriker noch dazu. Beinahe alle Geschichten rund um die Ente drehen sich ums Scheitern. Und darum, wie Donald Duck immer wieder aufsteht.

Scheitern im Beruf tut weh, es desillusioniert und trifft den wunden Punkt. Doch der Mensch scheitert beruflich und privat andauernd. Warum fällt es so schwer, wieder aufzustehen?

Scheitern auf zwei Ebenen

„Der Mensch scheitert immer auf zwei Ebenen: auf der persönlichen und der sozialen“, sagt Christian Korunka, Professor an der Fakultät für Psychologie der Uni Wien.

Auf der persönlichen Ebene ist Scheitern immer ein Rückschritt. Der Umgang damit ist stark vom persönlichen Typ, von bisherigen Erfahrungen, der Biografie, dem Umfeld und der Erziehung abhängig. Bereits in der Schule gibt es Schüler, die mit schlechten Noten und Misserfolgen gut umgehen können, und andere, die sich schwertun. So fällt Kindern das Scheitern in Familien mit starkem Leistungsdruck bedeutend schwerer.

Daneben hat Scheitern auch eine soziale Komponente. Sie ist von der Gesellschaft, der Kultur und dem Land geprägt. „In unserer Gesellschaft ist Scheitern nach wie vor sehr negativ besetzt. Es impliziert: Ich habe es nicht geschafft“, sagt Korunka.

Scheitern ist Unternehmertum

Paradoxerweise lebt das Unternehmertum genau vom Scheitern. „75 Prozent der österreichischen Start-up-Gründungen scheitern“, sagt der fünfzehnfache Unternehmensgründer Peter Lieber. Er weiß, wovon er spricht, denn drei seiner Unternehmen gingen in Konkurs und einige fusionierten. Heute existieren (immerhin) noch neun seiner Unternehmensgründugen. Der Gedanke „Warum schaffen es alle anderen, nur ich nicht“ ist also falsch. Nicht alle können es schließlich schaffen.

Dass Scheitern schmerzen kann, hat Jürgen Tarbauer am eigenen Leibe erfahren. Seit seinem neunzehnten Lebensjahr ist er als Selbstständiger tätig. Er war Geschäftsführer eines Verlags. Später holte er sich noch zwei Geschäftsführer dazu. Die Zusammenarbeit funktionierte nicht. Nach zwei Jahren verließ er die Gesellschaft. „Das hat mich richtig aus der Bahn geworfen. Die Tatsache, dass ich gehen musste, war schlimm für mich. Der Verlag war ja mein Baby“, sagt Tarbauer.

Es dauerte eine Zeit, bis Tarbauer das emotional verkraftet hatte. Zudem stand er vor einem Haufen Schulden. Heute sagt er, dass ihn sein Freundeskreis aufgefangen habe. Nach vier Monaten beschloss er zu netzwerken, statt sich weiter selbst zu bemitleiden. Er sprach mit Menschen, die ebenfalls gescheitert waren, und holte sich Tipps. Daraufhin gründete er eine neue Firma. Dieses Mal für Marketing, seine Leidenschaft. „Ich hätte diese Erfahrung natürlich auch billiger machen können, zum Beispiel am Wifi. Heute kann es mir aber keiner mehr nehmen, dass ich damals gescheitert und wieder aufgestanden bin“, sagt Tarbauer, der Vorsitzender der Jungen Wirtschaft Wien ist.

Wie Personen mit dem Scheitern umgehen, sagt Korunka, hat stark mit den jeweiligen Ressourcen auf der persönlichen und der sozialen Ebene zu tun. Je besser die Ressourcen sind, umso leichter falle das Aufstehen.

Gründe für das Scheitern

Scheitern kann auf Pech beruhen, es kann aber auch ein Zeichen dafür sein, dass ein Geschäftsmodell nicht funktioniert oder die Zeit dafür nicht reif ist. Außerdem solle man „zuerst einmal seine eigenen Werte klären“, sagt Lieber. Nicht jeder sei der Typ für die Selbstständigkeit: Jedem, der großes Bedürfnis nach Sicherheit habe, würde er davon abraten. Und man solle die Aussage „Ich habe alles getan, die anderen sind schuld“ gründlich hinterfragen, so Tarbauer. Auch wenn es schwerfällt, eigene Fehler zuzugeben, so sei es doch essenziell für den Neubeginn und das erneute Aufstehen.

Hat man aus Fehlern gelernt und neuen Mut gefasst, lohnt sich ein neuer Anlauf. Sogar zu den Beatles wurde damals gesagt: „Uns gefällt euer Sound nicht, und Gitarrenmusik ist ohnehin nicht gefragt. Auch Thomas Alva Edison musste über 9500 Kohlefäden testen, bis er den fand, der die Glühbirne zum Leuchten bringt.“

Das Extrembeispiel liefert einmal mehr Donald Duck. Selbst als sich ein Elefant auf ihn setzt, meint er: „Was der Wille erstrebt, erreicht er.“ Schlimm ist also nicht das Scheitern, sondern nicht wieder aufzustehen.

("undefined", Print-Ausgabe, 28.11.2015)

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