„Niemand sagt einem, was man machen soll“

Porträt. Gründertochter Andrea Rutar hat das Unternehmertum im Blut. Schon früh hat sie in der gleichnamigen Kärntner Möbelgruppe Durchhalten und Improvisieren gelernt. Den Austausch mit Gleichgesinnten holt sie sich jetzt in Wien.

Andrea Rutar ist in den Familienbetrieb hineingeboren. Nach dem Krieg hatten ihr Vater und einige seiner Geschwister Gemischtwarenläden eröffnet. So erfolgreich, dass sie sich bald gegenseitig Konkurrenz machten. Schlussfolgerung: Wir schließen uns zusammen und wachsen gemeinsam.

Heute ist die Rutar Group ein expandierender Möbelhandel mit Stammsitz im Kärntner Eberndorf. Sieben der 13 Standorte sind in Slowenien. „Slowenien ist abgedeckt“, gibt sich die Gründertochter zufrieden, „jetzt kommt Italien dran.“ Im Mai eröffnet das erste Einrichtungshaus im Design- und Möbel-Hotspot Udine. Die Konkurrenz ist groß, doch Rutar ist zuversichtlich: „Wir wollten nach Kroatien, haben aber wegen der Wirtschaftskrise dort umgelenkt. Jetzt ziehen wir eben Italien vor.“

Andere Länder, andere Sitten

Ihr Part als Finanzchefin für die drei Länder ist nicht der einfachste. Die Gesetze sind grundverschieden. Das zeigt sich in jedem Detail: „In Italien muss man alle 100 Seiten das Journal ausdrucken, eine Stempelmarke draufpicken und die Steuern dafür abführen. In Österreich hat man von so etwas noch nie gehört.“

Oder die Registrierkassenpflicht: „In Slowenien haben sie das innerhalb von drei Monaten beschlossen und umgesetzt. In Österreich diskutieren wir nur ewig.“
Mit jeder Eröffnung betrete sie Neuland, sagt sie, lerne und wachse, das große Thema ihres Lebens. Jetzt habe sie schon die Gesetze dreier Länder intus.

„Du machst es einfach“

1981, gleich nach der Matura, stieg Rutar in den Familienbetrieb ein. Ein Sprung ins kalte Wasser: „Es gab noch keine PCs, nur Farbstifte.“ Sie begann in der Verwaltung, irgendwo, und tat, was getan werden musste: „Wenn du Unternehmer bist, sagt dir niemand, was du machen sollst. Du machst es einfach.“
Sehr jung schickte sie ihr Vater auf einen Kurs zum Thema Durchhalten: „Der Trainer hat uns drei Tage und drei Nächte gefordert, bis wir fast umgefallen sind. In der Praxis fragt dich auch niemand, ob du müde bist.“

Rutar baute die Logistik auf, arbeitete in Ein- und Verkauf, wuchs in Finanz- und Rechnungswesen, in Controlling und IT hinein. So sehr identifizierte sie sich mit dem Familienbetrieb, dass ihre kleine Tochter sie manchmal beim Heimkommen rügte, doch bitte „Mami, nicht Rutar“ zu sein.

2008 brannte das Stammhaus ab. „Die Feuerwehr konnte nur die Verwaltung retten, nicht das Möbelhaus. Ich schaute auf die brennenden Gebäude und dachte, ich muss jetzt etwas tun. Wir haben die EDV gerettet.“ Mit ihrem Team schleppte sie die Geräte ins Freie und baute sie im Zentrallager wieder auf. „Zwölf Stunden später waren wir arbeitsfähig.“
Ihre Leute sind ihr wichtig. „Wir Frauen haben zu Führung einen anderen Zugang. Bei uns dürfen Gefühle mitspielen.“ Selbst Mutter von drei Kindern, habe sie „volles Verständnis, dass ein Nikolobesuch wichtiger sein kann als alles andere“.

Nach Wien, um zu wachsen

Kärnten mache Frauen das Arbeiten nicht eben leicht, sagt Rutar – wenige Jobs, lange Anfahrtswege, wenig Kinderbetreuung. Als Verfechterin der Frauenquote („Ohne die ändert sich nichts“) führe sie fünf weibliche und zwei männliche Direct Reports: „Ich biete Freiheit, sie geben Treue zurück.“

Früher genoss sie den Branchenaustausch mit anderen Möbelhäusern, „aber die sind jetzt alle verkauft“. Deshalb entschloss sie sich zum Lehrgang „Zukunft.Frauen“ (siehe Kasten). „Ich will mich weiterentwickeln. Dafür fahre ich gern nach Wien. Der Abstand ist gut, um im Kopf frei zu werden.“
Hier treffe sie gleichgesinnte Unternehmerinnen und Managerinnen, die sich fit machten für Vorstand und Aufsichtsrat. Sie selbst wachse an den Sachthemen genauso wie am Netzwerk. „Für mich ist das wie ein Geschenk“, sagt die Finanzchefin, „ich gehe aus meinem Alltag heraus und lasse mich inspirieren.“

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