Tara Shirvani: „Erfolg ist wie ein Marathon“

Die 29-jährige Austroiranerin hat in Wien, Cambridge und Oxford studiert und arbeitet heute als Infrastrukturspezialistin für die Weltbank.

So wie Tara Shirvani Erfolg definiert, spiegelt es ihre ganz persönliche Sicht wider. Und doch spricht die 29-Jährige für ihre Generation. Erfolg, sagt Shirvani, „ist nicht immer materiell messbar. Was zählt, ist das, was man zum Wohl der Gesellschaft beitragen kann“. Status oder die Position in der Hierarchie zählen für die Generation Y ebenso wenig wie zwölf Stunden täglich im Hamsterrad zu arbeiten, ohne den Sinn dahinter zu erkennen.

Genau diese Einstellung führte die aus Wien stammende Austroiranerin vor zwei Jahren auch zur Weltbank, wo sie als Infrastrukturspezialistin für Projekte im Nahen Osten und in Afrika tätig ist. Eine der Fragen, denen sie sich dort widmet, ist: Wie kann es gelingen, mit all den millionenschweren Investitionen der Weltbank langfristig Arbeitsplätze zu schaffen und zur sozialen Integration beizutragen?

"Materie in der Tiefe aneignen"

Aktuell arbeitet Shirvani unter anderem an einem Straßenprojekt in Ruanda, bei dem Mikrobetriebe, die von Frauen geleitet werden, Pflastersteine herstellen und verlegen. Ähnliche Projekte wurden bereits in Südamerika umgesetzt.

So außergewöhnlich wie ihre Projekte war auch ihr Weg zur Weltbank. Zwei Jahre lang studierte sie an der Wiener WU. „Ein guter Einstieg“, sagt sie heute. Doch es sei dort eher darum gegangen, von einer Knock-out-Prüfung zum nächsten Multiple-Choice-Test zu eilen. Aber nicht darum, „sich eine Materie in der Tiefe anzueignen“. Daher war ihr rasch klar, dass sie ins Ausland gehen müsse, um sich in die Themen Energie, Infrastruktur, Klimawandel und Immigration aufgrund des Klimawandels zu vertiefen. Sie bewarb sich um einen Master-Studienplatz in Umwelttechnik in Cambridge. „Die Qualität der Bildung ist dort höher, die Forschungseinrichtungen sind größer und bieten mehr Möglichkeiten – aber auch die Anforderungen sind höher.“ Zudem musste sie in Cambridge quasi zwei Studien auf einmal machen und viel technisches Wissen im Schnelldurchgang erwerben. Umgekehrt, sagt sie, „viele in meinem Jahrgang hatten ein technisches oder chemisches Studium absolviert, aber keinen wirtschaftlichen Hintergrund.“ Nach der Masterthesis, für die sie auf iranischen Ölfeldern recherchierte, promovierte sie in Oxford zum Thema alternativer Treibstoff.

„Auszeit von Österreich“

Derzeit gönnt sich Shirvani, die dieser Tage für die internationale „2016 Forbes 30 under 30“-Liste nominiert wurde, eine „Auszeit von Österreich“. Sie denke aber darüber nach, in ein paar Jahren zurückzukehren, um eine Aufgabe in der Privatwirtschaft zu übernehmen. Aber sie schließt auch eine politische Karriere nicht aus.

Diese Hartnäckigkeit, Ziele zu verfolgen, lehrte sie das Vorbild ihrer Eltern, denen Bildung immer ein großes Anliegen war. Die beiden hatten den Iran nach der Islamischen Revolution verlassen. In Österreich machte sich ihre Mutter als Schriftstellerin, ihr Vater als Forstwirtschaftsexperte einen Namen. „Meine Eltern haben mich erzogen, viel zu reisen und kritische Fragen zu stellen.“

Was sie jungen Menschen rät, ist: „Akzeptiere kein Nein.“ Es sei zwar nicht einfach, an den eigenen Träumen festzuhalten, doch es lohne sich. „Scheitern ist nicht ausgeschlossen“, sagt sie, aber auch das Scheitern habe positive Seiten. Besonders die US-Amerikaner wären gut darin, das Gute darin zu finden. „Wenn man nicht scheitert, kann man schnell die Relationen und das Gefühl verlieren, in welchen Bereichen man sich weiterentwickeln sollte“, sagt Shirvani.

„Erfolg ist wie ein Marathon, nicht wie ein Sprint. Wenn man Marathon läuft, dann ist vielleicht einmal die Wasserflasche leer, oder man stolpert. Aber das heißt ja nicht, dass man aufgeben muss“, sagt sie und spricht dabei aus eigener sportlicher Erfahrung.

ZUR PERSON

Tara Shirvani (29) ist als Infrastruktur-spezialistin bei der Weltbank in Washington tätig und arbeitet primär an den Themenbereichen Klimawandel, Immigration und Arbeitsplatzschaffung. Sie studierte zunächst an der WU Wien, anschließend in Cambridge Umwelttechnik und promovierte in Oxford. Nun wurde sie von Forbes Austria für ihre Tätigkeit für die internationale „2016 Forbes 30 under 30“-Liste nominiert.

(Print-Ausgabe, 09.04.2016)

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