„Jeder Handgriff hat eine Tradition“

Porträt. Hannah Zeitlhofer wurde diese Woche zur ersten Bereiterin angelobt – denn die Spanische Hofreitschule in Wien ist längst keine reine Männerbastion mehr.

Wie sei das denn so, als junge Frau in einer Männerdomäne mitzuarbeiten? Das wurde Hanna Zeitlhofer schon im Herbst 2008 von Journalisten immer wieder gefragt, als sie als Elevin in die Spanische Hofreitschule in Wien aufgenommen wurde. Damals war das internationale Medieninteresse an ihr so enorm, wie es heute ist. Jetzt, acht Jahre später, wurde sie als erste Frau zur Bereiterin in der mehr als 450-jährigen Geschichte der Hofreitschule angelobt. Damals wie heute sagt die 29-jährige Wienerin, einen Geschlechterkampf gebe es nicht. „Man wird hier zu hundert Prozent akzeptiert als Frau, und darüber bin ich auch sehr froh.“

Das hatte sicher auch mit Elisabeth Gürtler zu tun, die 2007 die Generaldirektion dieser österreichischen Institution übernommen und für Frauen geöffnet hatte. Übrigens elf Jahre später als die Wiener Philharmoniker Frauen in ihr Orchesters aufnahmen.

Aufstieg in Rekordzeit

Zeitlhofer, die mit sieben Jahren mit dem Reiten begonnen hatte, kam mit 21 Jahren nach einem abgeschlossenen Bachelorstudium der Pferdewissenschaften zur Hofreitschule. Nach vier Jahren als Elevin avancierte sie zur Bereiteranwärterin. Das war auch der Moment, als ihr der Hengst Siglavy Batosta („damals das dünnste und kleinste Pferd“) zur Ausbildung überantwortet wurde. Vier weitere Jahre später wurde sie die erste Bereiterin – und das in nur acht Jahren. „Für mich ist es eigentlich gar nicht so, dass ich mir vorkomme, ich wäre etwas Besonderes. Ich habe diese Ausbildung genauso absolviert wie meine anderen Kollegen“, sagt Zeitlhofer.

Als Zeitlhofer zur Hofreitschule kam, sei ihr die Arbeit mit den Pferden natürlich vertraut gewesen, sagt sie. Dennoch habe sie von Neuem das Reiten lernen müssen – so wie es eben in der Hofreitschule verlangt wird. „Man muss die Traditionen verstehen und leben“, sagt sie. Das heiße auch, sich mit der Geschichte des Hauses intensiv auseinanderzusetzen. „Jeder Handgriff hat eine Tradition“, sagt Zeitl-hofer. Alle Traditionen – darunter, dass sich im Frackzipfel ein Fach für Handschuhe und Würfelzucker befindet – und das damit verbundene Wissen werden nur mündlich tradiert. Damit komme dem genauen Beobachten und dem Learning by Doing eine ganz besondere Bedeutung zu. Und daher sei es auch wichtig, in der acht bis zwölf Jahre dauernden Ausbildung mit möglichst vielen der beiden Oberbereiter und der 13 Bereiter zusammenzuarbeiten.

Pferde schwieriger zu führen

Schon als Bereiteranwärterin war es Zeitlhofers Aufgabe, ihr Wissen an die Lehrlinge und Eleven weiterzugeben und sie anzuleiten. Und selbstverständlich ihren Hengst auszubilden. Als Bereiterin ist sie in dieser Hinsicht noch wesentlich mehr gefordert. „Die Pferde zu führen ist schwieriger als die jungen Menschen“, sagt Zeitlhofer, „denn Pferde sind sehr sensibel, und du musst dich dem Charakter des Pferdes anpassen – auch wenn es nicht mein Typ Pferd ist.“ Führung aber verlange jedenfalls sehr viel Gefühl und Einfühlungsvermögen. Von den Menschen, die sie ausbildet, erwarte sie im Gegenzug Begeisterung und Bemühen, Liebe zu den Tieren und den Willen weiterzukommen. „Man muss sich vorher Gedanken machen, ob man das wirklich möchte, ob man diesen langen, harten Weg gehen möchte. Und dann geht es nur noch darum: Alles geben und zeigen, dass man das wirklich will.“ Denn schließlich bleibe neben diesem Beruf wenig Zeit.

Das hat Zeitlhofer gezeigt, und sie hat ein ambitioniertes Ziel: Oberbereiterin zu werden. Dazu müsse man viele Pferde ausbilden, vielleicht sogar eine eigene Spezialität entwickeln und sich im Umgang mit den Jungen beweisen.

Zur Person

Hannah Zeitlhofer (29), die bereits seit ihrem siebten Lebensjahr reitet, hat 2008 zu den ersten jungen Damen gehört, die die Ausbildung in der Spanischen Hofreitschule gestartet haben. Nun ist sie die erste Bereiterin der mehr als 450 Jahre alten Institution. Sie durchlief diese Ausbildung in nur acht Jahren. Als Bereiterin hat sie Verantwortung für mehrere auszubildende Hengste. Zudem unterrichtet sie Lehrlinge und Eleven.

(Print-Ausgabe, 17.09.2016)

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