Schlampig neben sorgfältig, langsam neben schnell

Sitzplatzmanagement. Sage mir, neben wem du sitzt, und ich sage dir, wie produktiv du bist. Eben haben wir uns an mobile Arbeitsplätze gewöhnt, da kommt auch schon der nächste Trend auf uns zu. Der sieht ganz anders aus.

Dem modernen Arbeitnehmer von heute sollte es gleichgültig sein, wo er sitzt. Kommt er morgens ins Büro, stöpselt er seine Devices – Laptop, Tablet, Smartphone – an einem beliebigen mobilen Arbeitsplatz an und legt los. Wer neben ihm sitzt, ist belanglos.

Oder doch nicht? Cornerstone OnDemand, der Talent-Management-Softwareanbieter, hatte Zweifel und beauftragte die Harvard Business School mit einer Studie. Mehr als zwei Jahre lang wurden 2000 Arbeitnehmer beobachtet und analysiert, konkret: Wie produktiv sie waren, je nachdem, wer neben ihnen saß. Dabei kristallisierten sich rasch drei Arbeitstypen heraus:

1. Der produktive Typus

arbeitet schnell und mit hohem Output. Dafür hat seine Arbeit überschaubare Qualität. Typisch für ihn ist, dass er Schwierigkeiten nicht nach oben eskaliert, sondern „irgendwie“ selbst beseitigt. Hauptsache, sie sind vom Tisch.

2. Der qualitätsbewusste Typus

ist das Gegenteil. Er arbeitet langsam und sorgfältig. Sein quantitativer Output ist niedriger, die Qualität dafür höher. Sieht er sich mit Schwierigkeiten konfrontiert, zieht er rasch die nächsthöhere Ebene hinzu, damit sein Qualitätsanspruch gewahrt bleibt.

3. Der Generalist

liegt mit mittlerer Arbeitsgeschwindigkeit und mittlerer Qualität dazwischen.

Für die ideale Arbeitsplatzaufteilung, so das Kernergebnis der Studie („Planning strategic seating to maximize employee performance“), müssen Mitarbeiter mit ergänzenden Gegenqualitäten zusammengesetzt werden, der produktive Schnellschießer also neben den qualitätsbewussten Sorgfältigen und umgekehrt.

Gleich und ungleich

Zuständig für diese neue Sitzordnung ist der Strategic Seating Manager, ein neues Berufsbild im HR-Kontext, das über die herkömmliche Personalentwicklung hinausgeht. Er analysiert die Mannschaft und tüftelt die passenden Paarungen und Teams aus.

Damit die Effekte aber zum Tragen kommen, müssen die Mitarbeiter dauerhaft nebeneinander sitzen. Die flexiblen Arbeitsplätze werden wieder gegen fixe eingetauscht. Der Lohn der Mühe: Der Strategic Seating Manager darf sich rühmen, die Produktivität im Schnitt um 13 Prozent und die Effizienz um 17 Prozent zu erhöhen.

Bei einem 2000-Mitarbeiter-Unternehmen summiere sich das auf eine Million US-Dollar (0,91 Mio. Euro) jährlich, sagen die Harvard-Autoren. Sie begründen das damit, dass der eine vom anderen annimmt und seine Schwäche ausgleicht. Generalisten wiederum sollten immer zusammensitzen.

Toxische Mitarbeiter

Und dann gibt es noch die „Brunnenvergifter“, die unmotivierten, schwer zu führenden Leistungsverweigerer. Sie zu identifizieren ist oberste Aufgabe des Sitzordnungsverantwortlichen, ziehen die toxischen Mitarbeiter doch alle Sitznachbarn, gleich welchen Typus, mit nach unten. Mittel der Wahl sind hier Mitarbeiterbefragungen, die auf auffallend niedrige Werte für Engagement und Identifikation abgeklopft werden.

Toxische Mitarbeiter müssen sofort aus dem Team eliminiert werden, bevor sie die anderen anstecken. Denn ihr schlechter Einfluss hält nicht lang. Einen Monat nach ihrem Abgang ist er verpufft.

AUF EINEN BLICK

Sitzordnung. 13 Prozent mehr Produktivität und 17 Prozent mehr Effizienz lassen sich durch professionelles Sitzplatzmanagement erzielen. Dazu müssen hochproduktive Mitarbeiter (hoher Output, geringe Qualität) neben qualitätsorientierte Mitarbeiter (geringer Output, hohe Qualität) gesetzt werden, um die Schwächen des jeweils anderen auszugleichen. Mitarbeiter vom Generalistentypus (mittlerer Output, mittlere Qualität) sollten zusammensitzen. Verantwortlich für die neue Sitzordnung ist der Strategic Seating Manager, der bei HR angesiedelt ist.

(Print-Ausgabe, 22.10.2016)

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