Keine "halben Sachen" bei Integration

Das Projekt „10.000 Chancen“ soll Flüchtlingen bei der Arbeitssuche helfen. Im Vienna Hilton bekamen sie Einblick in eine Branche, in der Mitarbeiter dringend gesucht werden.

„Es kann nicht sein, dass wir Menschen zum Nichtstun sozialisieren“. Bernhard Ehrlichs Hände kommen kaum zur Ruhe. Mal wandern sie nach links, mal nach rechts, dann wieder vor und zurück. Seine Gestik verrät den Eifer, der hinter seiner Arbeit, hinter seinem Projekt steckt. „Jeder Flüchtling, der de facto am Einstieg in den Arbeitsmarkt gehindert wird, ist ein Langzeitarbeitsloser für das AMS.“

Deshalb will Ehrlich dort anpacken, wo die Politik an ihre Grenzen zu stoßen droht. Nämlich an der Schnittstelle zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern. Während wir auf der einen Seite eine steigende Zahl an Arbeitslosen beobachteten, gäbe es auf der anderen Seite Jobs, die bei uns keiner machen wolle, sagt Ehrlich. Das betreffe vor allem drei Branchen: die Gastronomie, den Reinigungsbereich und den Handel. Jobs, die wenig prestigeträchtig und vor allem schlecht bezahlt sind. Viele Flüchtlinge wären aber über solche Jobs froh. Sie würden einfach nur arbeiten wollen.

Gastronomie stark auf Migranten angewiesen

Heute ist Ehrlich im Vienna Hilton Hotel, um Flüchtlinge mit dem Gastronomie- und Hotelleriebetrieb vertraut zu machen und erste Arbeitsplätze zu vermitteln. Es wird gemeinsam gekocht und hinter die Kulissen geblickt, wie der Betrieb funktioniert - und was es ganz konkret zu tun gibt. Weil Ehrlich wusste, dass die gesamte Gastronomie stark auf Migranten angewiesen ist, führte einer seiner ersten Termine zu Norbert Lessing, dem Geschäftsführer der Hilton-Niederlassungen in Österreich. Der sei von seiner Idee von Anfang an begeistert gewesen.

Mit seinem Projekt „10.000 Chancen“ will Ehrlich gleich mehrere Fliegen mit einer Klappe schlagen.

Zunächst sollen Flüchtlinge bei der Arbeitssuche unterstützt werden. Soziale Organisationen, mit denen Ehrlichs gemeinnütziger Verein zusammenarbeitet, wenden sich direkt an ihn, um Menschen mit Asylstatus zu vermitteln. Mit welchen Flüchtlingen Ehrlich zusammenarbeitet, entscheidet er anhand von drei Kriterien: dem Arbeitswillen, den Deutschkenntnissen und der rechtlichen Arbeitserlaubnis. Es gehe ihm um eine nachhaltige Integration der Flüchtlinge in den Arbeitsmarkt. Ehrlich lächelt. Halbe Sachen mache er keine.

Bis zu 2000 Jobs in der Hotellerie

10.000 Chancen solle aber auch den übrigen Einwohnern des Landes zugute kommen, sagt Ehrlich. Wenn Unternehmer freie (weil unbeliebte) Posten mit arbeitswilligem Personal nachbesetzen können, pushe das die gesamte Wirtschaft. 1500 bis 2000 Jobs will Ehrlich allein in der Hotellerie vermitteln. Und wenn Flüchtlinge von Sozialhilfe-Empfängern zu Beitragszahlern werden, schlage sich das auch bei den Staatsfinanzen direkt zu Buche.

Mittlerweile sind an die 50 Flüchtlinge im Hilton am Wiener Stadtpark eingetroffen. Manche tragen Hemd und Sakko, sie wollen einen guten ersten Eindruck hinterlassen. Die Veranstaltung beginnt mit einem Willkommensgruß von Lessing, der ein lässiges Hilton-T-Shirt trägt. „Die Tellerwäscher-Millionär-Geschichte gibt es bei uns immer noch!“ Schon so mancher Mitarbeiter habe unten angefangen und sei später Hotel-Direktor geworden, erklärt Lessing und macht deutlich, dass er sich über das Kommen der Flüchtlinge sehr freut. Auch die übrigen Menschen im Raum wirken gut gelaunt. Ob sie an die Tellerwäscher-Geschichte glauben?

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