Lehrberufe: Werbung einmal anders

Wer bei einer Berufsmeisterschaft Gold holen will, braucht im Vorfeld enorm viel Unterstützung seines Unternehmens. Nicht jede Firma hat aber die Ressourcen dazu.

"Es ist schon ein Riesending für einen Lehrling, sich für die Berufsmeisterschaften zu qualifizieren“, sagt Andreas Riedler. Riedler, Lehrlingsbeauftragter für Tischler und Tischlereitechniker beim Büromöbelhersteller in Waidhofen/Ybbs, weiß, wovon er spricht. 2001 hat er sich für die Berufsweltmeisterschaften World-Skills qualifiziert, die damals in Südkorea stattgefunden haben. Jetzt schneiden „seine“ Lehrlinge bei Wettbewerben immer wieder hervorragend ab. Mit entsprechend hohen Erwartungen ist er mit seinem Team daher nach Salzburg zu den Austrian-Skills gereist, die noch bis diesen Sonntag laufen.

Die Teilnahme bedarf harter Vorbereitung

„Man muss schon außergewöhnlich gut sein“, sagt Riedler über die Wettbewerbsteilnehmer, „man muss wollen, ein Gefühl für das Handwerk haben, eine gute Ausbildung genossen haben – und ein Wettbewerbstyp sein.“ Zwar bekommen die Teilnehmer vorab Einblick in die Aufgabe zum Üben – doch die wird beim Wettbewerb selbst um rund 30 Prozent abgeändert. Dann heißt es, den veränderten Plan in 22 Arbeitsstunden umzusetzen. Das erfordere beim Wettkampf Flexibilität und die Fähigkeit, unter Druck sauber zu arbeiten, sagt Riedler. Und eine aufwendige Vorbereitung, die in den meisten Fällen weit über die normale Arbeitszeit hinausgeht und viel Eigenleistung verlangt, wie Markus Aichinger und Andreas Kirchmair, Lehrlingsausbildner im Metall- und Installationsunternehmen Meisl bzw. bei GE Jenbacher bestätigen.

Eine Hürde für Unternehmen

Und dieser gewaltige zeitliche – und je nach Werkstoff- und Werkzeugintensität auch finanzielle – Aufwand ist es, der Unternehmer abhält, ihre jungen Mitarbeiter auf Wettbewerbe vorzubereiten, auch wenn die Entsendung selbst keine zusätzlichen Kosten verursacht. Diese trägt die Plattform Skills-Austria. Außerdem fehlen die besten Mitarbeiter für den laufenden Betrieb. Das könnten große Unternehmen wesentlich leichter bewältigen, sagt Gabriele Hotter-Rechfelden vom Tiroler Lehrlingsausbildnerforum. Förderungen gebe es zwar, aber um sie zu beantragen, fehlten kleinen Unternehmen oft die Kapazitäten.

Noch einen Grund gebe es, warum Unternehmen oft zurückhaltend sind: die relativ lange Vorlaufzeit für die Bewerbe. Zwei Jahre, um genau zu sein, denn die Austrian-Skills finden so wie die Bewerbe auf europäischer und weltweiter Ebene nur alle zwei Jahre statt. Und da frage sich so manches Unternehmen: Ist der junge Mitarbeiter dann noch bei mir?

Zugleich eine große Chance

Wenn junge Mitarbeiter angespornt werden, an Berufsmeisterschaften teilzunehmen, dann ist das in mehrfacher Hinsicht wertvoll. Unternehmen könnten sich als ausgezeichnete Ausbildungsbetriebe präsentieren, sagt Johannes Fraiss von der Wirtschaftskammer und für Skills-Austria zuständig. Das könne gerade in Zeiten geburtenschwacher Jahrgänge und beim Ringen um Lehrlinge eine Art sein, Employer-Branding zu betreiben.

Für in internationaler Konkurrenz stehende und/oder stark exportorientierte Unternehmen kann es zusätzlich ein Benchmarking für die eigene Ausbildung sein. Und die Teilnehmer profitieren von den zusätzlichen Angeboten wie Mentaltrainings oder Kursen in der Wettbewerbssprache Englisch.

Dass die Austrian-Skills dieses Wochenende im Rahmen der Salzburger Berufs-Info-Messe stattfinden, ist ebenfalls kein Zufall. Jugendliche Messebesucher können die Wettbewerbe zur Berufsorientierung nutzen und vor Ort sehen, was in einzelnen Lehrberufen State of the Art ist. Und die Kombination der beiden Events soll helfen, die Wettbewerbe bekannter zu machen: Schließlich ist Graz 2020 Austragungsort der Euro-Skills.

Auf einen Blick

Die Austrian-Skills, die österreichischen Staatsmeisterschaften der Berufe, finden noch bis 20. 11. im Rahmen der Berufs-Info-Messe (BIM) in Salzburg statt. In 26 Berufsgruppen werden die nationalen Titel vergeben.

Die Euro-Skills, die Berufseuropameisterschaften, finden heuer von 30. November bis 4. Dezember im schwedischen Göteborg statt. Österreich entsendet 35 Teilnehmer in 29 Berufsgruppen. 2020 finden die Euro-Skills in Graz statt.

(Print-Ausgabe, 18.11.2016)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.