Das Pendel schlägt zurück

Management. Auch Trends unterliegen einem Produktlebenszyklus. Erst kommen sie, dann gehen sie wieder – und das Gegenteil wird modern. Eine Reise durch die Zeit.

Vor genau einem Jahr vertrauten die Wiener Linien die Sicherheit in den Öffis einem privaten Security-Unternehmen an. Jetzt teilten sie mit, den Dienst ins eigene Haus zu holen. In den nächsten beiden Jahren wollen sie 120 Securitys einstellen.

Auf Outsourcing folgt Insourcing: ein klassisches Beispiel für eine Pendelbewegung der Wirtschaft. Vor zehn, 15 Jahren war Outsourcing ein höchst beliebter Managementtrend. Man meinte, sich damit eine Menge zu ersparen: Kopfzahlen, Lohnnebenkosten, Verantwortung. Viele dieser ausgelagerten Bereiche kommen nun zurück, weil die Rechnung nicht aufging. Im Callcenter in Osteuropa herrscht eine eigene Arbeitsmoral, und die Billigproduktion in Asien liefert nicht die Qualität, die sie verspricht.

Qualität oder Kostendruck

Auch der Qualitätsbegriff unterliegt einer Pendelbewegung. In den 1990ern, lang vor der Outsourcingwelle, erkannte man Qualität als taugliches Mittel zur Differenzierung vom Mitbewerb. Doch wie sollte man sie messen? Das war die Geburtsstunde der ISO-Zertifizierung. Sie zu ergattern kostete eine Menge Zeit, Geld und Personal. Eine ganze Branche lebte gut davon, bis der Kostendruck aus vielerlei Gründen zu hoch wurde und die Outsourcingwelle losbrach. Qualität war nicht mehr so wichtig.

Jetzt geht Outsourcing, und Roboting kommt: Im Jänner verkündete Adidas, Teile seiner Sportschuhproduktion aus China zurückzuholen. 160 Jobs wolle man im deutschen Ansbach schaffen, in einer Hightech Speedfactory mit Robotern und 3-D-Druckern. Was Adidas nicht sagte: In Asien werden damit Tausende Niedriglohnjobs obsolet. Selbst Schuld, wenn sich die Arbeiter dort nicht mehr mit Hungerlöhnen zufriedengeben.

Bauchladen oder Kerngeschäft

Schlägt ein Produkt ein, wird es erst einmal als Cashcow gemolken (es muss seine Investitionen zurückverdienen). Dann wird das Sortiment verbreitert, zuerst innerhalb der Produktgruppe, später, solang die Gewinne sprudeln, immer weiter abseits. Diversifikation heißt dieser Trend der Stunde. In seinen besten Zeiten trug der Fotoriese Kodak einen zusammenhanglosen Bauchladen von Kopierern bis zu Zigarettenfiltern vor sich her. Als die Umsätze einbrachen, stieß er eine Produktgruppe nach der anderen ab. „Familiensilber verkaufen“ heißt das im Managementjargon, nach außen wird es markig als „Konzentration auf das Kerngeschäft“ verkauft.

Läuft dann wieder alles gut, streben Niederlassungen/Produktbereiche/Bundesländer (die Liste lässt sich beliebig fortsetzen) reflexartig nach Autonomie und Liberalisierung. Schlägt der Wind aber um, suchen sie schleunigst ein schützendes Dach und appellieren an die Verantwortung von Zentrale/Management/Staat. Schutz hat seinen Preis: üblicherweise Zentralisierung, Sparwellen und „das Nützen von Synergien“. Und natürlich wieder die „Konzentration auf das Kerngeschäft“.

These – Antithese – Synthese

Auch die Digitalisierung wird Teil einer Pendelbewegung sein, selbst wenn ihr Gegentrend noch im Nebel liegt. Frühere Beispiele lassen auf ein These-Antithese-Synthese-Muster schließen. Als Mitte der Nullerjahre die ersten Videokonferenzen und „Conference Calls“ aufkamen, war erst einmal Schluss mit realen Geschäftsreisen. Die Finanzkrise stand vor der Tür, man war froh über jede Einsparung. Hinter vorgehaltener Hand gaben Manager bald zu, dass virtuelle Kontakte persönliche nicht ersetzen können.

Heute leben sie die Synthese beider Extreme: erst persönliches Kennenlernen, dann arbeitet es sich auch virtuell gut.
Ähnlich kennen wir es auch aus dem Online-Learning. Realer Frontalunterricht ist teuer und altmodisch, rein virtuelles Lernen unpersönlich und hat eine hohe Drop-out-Quote. Derzeit letzter Schrei ist Blended Learning, das sich das Beste aus beiden Welten holt. Was immer eine gute Idee ist.

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