Der Kampf um den letzten Kilometer

E-Commerce. Ob der Käufer mit seinem Onlinekauf zufrieden ist, hängt am letzten Glied einer langen Kette: der Zustellung. Die Anbieter experimentieren mit unterschiedlichen Ansätzen.

Schon wieder ein gelber Zettel im Postkasten. Fein, dass Amazon das Paket sofort nach der Bestellung abgeschickt hat. Fein, dass es in zwei Tagen da war. Nicht fein, dass man im Büro war, als der Postbote freitags an die Tür klopfte. Dass auch die nette Nachbarin, die sonst immer Pakete übernimmt, nicht daheim war. Dass der Postbote das Paket also zurück in seine Filiale brachte. Die ist samstags nicht geöffnet und unter der Woche auch nur zu Zeiten, zu denen man selbst im Büro ist. Damit ist jeder Zeit- und Bequemlichkeitsvorsprung, den man durch den Onlinekauf gewonnen hat, ad absurdum geführt. Verärgert fragt man sich, warum man nicht gleich im nächsten Geschäft gekauft hat.

Neue Zustellkonzepte sind gefragt

Der Erfolg von E-Commerce wird auf dem letzten Kilometer entschieden. Die Anbieter wissen das längst und geben noch mehr Gas. Jetzt sind die Logistiker gefragt, neue Zustellkonzepte auf die Straße zu bringen.
Wenig überraschend wirft sich Amazon mit aller Macht auf das Thema, baut Flughafenstationen, Logistik-Hubs und experimentiert mit selbstfahrenden Zustellfahrzeugen. Nicht ohne Eigennutz: Wer die gesamte Wertschöpfungskette kontrolliert, ist unabhängig von Subunternehmen und generiert noch mehr Kundendaten, die ihrerseits begehrte Ware sind.

Zusteller punkten mit Beweglichkeit

Die Paketzusteller ziehen nach, recherchierte Kulturanthropologin Janine Seitz, die sich auf das „Faszinosum Handel“ spezialisiert hat und damit die praktische Nützlichkeit von Orchideenstudien beweist. DHL bietet in ausgewählten deutschen Großstädten einen Zustellservice mit zweistündigem Zeitfenster an, innerhalb dessen der Empfänger seine Lieferung bekommt. Audi-Besitzer können ihr Auto gar von DHL orten und die Ware im Kofferraum abstellen lassen.
DPD wiederum arbeitet mit dem auch in Österreich tätigen Start-up Tiramizoo zusammen, das auf Zustellungen am selben Tag spezialisiert ist. Diese Spielart heißt Local Network Delivery – anstatt selbst ein Verteilernetz auf die Beine zu stellen, kooperiert man mit Zustellern, die sich durch größtmögliche Beweglichkeit auszeichnen.

Private Boten liefern Ware

Noch flexibler ist Crowd Delivery. Uber probiert das gerade in den USA aus. Wer Passagiere transportieren kann, kann auch Waren liefern, so die Grundidee. UberRush ist mit gängigen Shopping-Plattformen wie Shopify synchronisiert und erlaubt dem Kunden, online zu tracken, wo sich sein Paket gerade befindet. Nach demselben Prinzip arbeitet das Start-up Packator. Ein privater Bote holt die Ware vom Lager ab und bringt sie zum Empfänger. Der kann ihn auch direkt ins Möbelhaus bestellen und sich den neuen Kasten heimtransportieren lassen. Der kritische Faktor ist, wie auch beim Audi-Konzept, das Vertrauen: Kann man dem Boten trauen, dass er mit Auto oder Kasten nicht auf Nimmerwiedersehen verschwindet?

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