Führerlose Trucks und rechnende Pistenbullys

Transport. Der Ideenfundus für digitale Anwendungen in der Logistik scheint grenzenlos. Doch sinnvoll sind diese Ideen nur dann, wenn sie ein brennendes Kundenbedürfnis stillen. Oder ein eigenes.

So mancher Vorstand sei schon skeptisch. Weil ihm täglich ein Berater „irgendwas mit 4.0“ einreden wolle. Franz Stabhofer, Obmann des Vereins Netzwerk Logistik (VNL), erinnert das an den längst verblassten Just-in-time-Hype: Damals sprangen alle Firmen unreflektiert auf den Zug auf, die Folge waren „unglaubliche Staus. Nichts hat mehr funktioniert.“ Teure Notlager mussten errichtet werden, die postwendend jede Ersparnis wegfraßen.

Und jetzt 4.0: Ob die Logistiker aus dem Just-in-Time-Hype gelernt haben? Das sicherzustellen war Ziel des Logistik Future Lab, das am Dienstag im Linzer Design Center stattfand. Wichtigste Erkenntnis: nie wieder ein Werkzeug zum Selbstzweck erhöhen. Sondern erst fragen, was braucht mein Kunde und dient dieses Werkzeug dazu. Unter diesem Aspekt, mutmaßt Stabhofer, sei die viel diskutierte Übernahme des US-Lebensmittelhändlers Whole Foods durch Amazon zu sehen: Amazon gehe es nicht um den Einstieg in den Lebensmitteleinzelhandel, sondern um neue Distributoren, Lieferanten und Verteilstellen.

Aus Schmerz geboren

Aus Kundenbedürfnis oder „eigenem Schmerz“ entstehen in der Logistik gerade ganz unterschiedliche digitale Anwendungen. BMW testet einen Chip, der entdeckt, wenn versendete Autoteile während des Transports beschädigt werden (bei täglich 30 Millionen versandter BMW-Teile kein Nischenthema mehr). Der Chip erkennt Stöße, Temperatur- und Feuchtigkeitsschäden und meldet sie, worauf prompt eine Neuorder veranlasst wird. Der beschädigte Teil wird gar nicht mehr ausliefert, sondern kommt im Zielhafen in einen Qualitätssperrbereich. Auf Kundenwunsch, so die Zukunftsidee, könne der Chip auch nach dem Teileverbau weiter senden.

Führerlose Fahrzeuge beflügeln die Fantasie der Transportindustrie ganz besonders. Otto, ein selbstfahrender Truck im Besitz von Uber, liefert in Colorado Budweiser Bier aus. MAN testet Platoons von bis zu vier Lkw. Liebherr versieht autonome Bagger mit Rundumsensoren, damit sie Personen im toten Winkel nicht übersehen. Und weltweit sind Militärs von fahrerlosen Gütertransporten angetan: Das Be- und Entladen funktioniert schon, wenn auch erst unter kontrollierten Bedingungen.

Kundenbedürfnis erkannt

Ein Vorzeigebeispiel gelungener Strategie ist Pistenbully. Der Pistenraupenerzeuger erkannte, dass Hardwareverkauf nicht mehr genügt. Jetzt fertigt er im Sommer 3-D-Modelle der konkreten Pisten. Im Winter errechnen Sensoren, Software und Satellit die tatsächliche Schneehöhe als Differenz zwischen Sommer- und Winterhöhenwert. Dann schlägt das System den ressourcenschonenden Einsatz von Schneekanonen, Pistenbullys und anderen Maschinen vor. Wer weiß, wie teuer künstliche Beschneiung ist, versteht die Freude der Pistenbetreiber – womit sich der Kreis zum Kundenbedürfnis schließt.

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