Prüfer, die Prüfer prüfen

Wirtschaftstreuhänder. Wie stellt man die Qualität einer Prüfkanzlei sicher? Indem man sie prüft. So schreibt es das Gesetz vor. Manchmal schießt es über das Ziel hinaus.

Die großen Kanzleien kannten interne Audits schon von ihrem Netzwerk. Seit 2005 sind sie – auf Drängen der EU – für alle Wirtschaftsprüfer gesetzlich vorgeschrieben. In regelmäßigen Abständen muss jede Kanzlei einen Mitbewerber beauftragen, sie zu prüfen.

Regina Reiter hat das A-QSG, das Abschlussprüfungsqualitätssicherungsgesetz, federführend gestaltet. „Schauen Sie, ein Arzt wäscht sich auch die Hände, bevor er Sie untersucht. Das muss erstens einmal so festgeschrieben und zweitens kontrolliert werden, ob er es auch wirklich tut.“ Es gehe um die Wahrung der Qualität der Prüfer, ihre Ausbildung und Erfahrung; um ihre Systeme und Prozesse und um ihre verpflichtende Weiterbildung, sagt Reiter.

„Seit 2005 ist viel geschehen“, ist Reiter zufrieden. Lässt das auf Missstände in den Jahren davor schließen? „Keinesfalls. Aber heutzutage zählt nur, was dokumentiert ist und was man nachweisen kann. Und das kann man jetzt.“

Kleine legten Schein zurück

Nicht alle waren erfreut über das A-QSG. Viele kleine Treuhänder, die neben ihrer Steuerberatung auch ein paar Prüfmandate hatten, waren gezwungen, ihr Zubrot aufzugeben. Weil der Verwaltungsaufwand zu hoch war – allein das Erstellen von Qualitätssicherungshandbuch und Checklists bindet für Wochen – und weil es sich für sie schlichtweg nicht mehr rechnete: Wer mit ein paar Prüfungen im Jahr 10.000 Euro dazuverdient, wird sich weder die teure Standardprüfsoftware zulegen noch sich selbst um ein paar tausend Euro prüfen lassen.

Viele legten als Konsequenz gleich ihren Gewerbeschein zurück, andere wollen diese Situation so nicht stehen lassen: Dem Vernehmen nach wird intensiv an einer Petition für eine Gesetzesänderung gearbeitet.

Große kämpfen mit Bürokratie

Auch die großen Kanzleien reagierten mit Skepsis. Rainer Hassler, Leiter des KPMG-Audit-Bereichs, musste sich erst daran gewöhnen, seine Interna ausgerechnet vom Mitbewerb prüfen zu lassen. Er versucht es positiv zu sehen: „Wir lernen voneinander.“

Nach bestandener Prüfung darf man sich ins „Öffentliche Register der Abschlussprüfer und Prüfgesellschaften“ im Wirtschaftsministerium eintragen lassen. Dafür ist ein umständliches Procedere notwendig. Hassler: „Viele Daten, die man abgeben muss, liegen längst an anderer Stelle auf.“ Wer sich jedoch vor der Prüfung drücken will, muss mit Verwaltungsstrafen von bis zu 50.000 Euro rechnen.

Mehraufwand beim Klienten

Wenig Freude hatte die Branche auch mit der ausufernden Dokumentation von Klientenprüfungen. 20 bis 25 Prozent mehr Zeitaufwand, schätzt BDO-Geschäftsführer Peter Bartos: „Man prüft nicht mehr nur, sondern schreibt auch genau nieder, was man macht und warum.“ Das drücke bei den chronisch sinkenden Honoraren schmerzhaft auf die Margen.

Auch wirke das strikte Vorschriftenkorsett der kundenseitig gewünschten Schnelligkeit und Flexibilität entgegen. Bevor ein Auftrag überhaupt angenommen werden dürfe, müsse etwa erst der Geschäftsführer auf Kundenseite anhand seines Ausweises identifiziert und politische Exponierung oder kriminelle Hintergründe müssen ausgeschlossen werden. Das führe besonders bei ausländischen Besitzverhältnissen – russische und arabische sind gefürchtet – zu weiteren Verzögerungen und Mehraufwand auch für den Klienten.

Verbesserungspotenzial

Das A-QSG ist eine gute und notwendige Sache, sind sich die Audit-Experten einig. Bartos: „Es gehört zu einer ordentlichen Leistung, auch wenn es lästig ist.“ Manchmal schieße die Bürokratie jedoch deutlich übers Ziel hinaus.

Übrigens: Beim BMWFJ ist als nächste Instanz eine Qualitätskontrollbehörde (QKB) installiert. Zum Prüfen der Prüfer der Prüfer, sozusagen.

Auf einen Blick

In regelmäßigen Abständen müssen sich Abschlussprüfer von ihren Berufskollegen nach dem Abschlussprüfungsqualitätssicherungsgesetz (A-QSG)
entgeltlich prüfen lassen. Das Prüfgeschäft wurde damit für viele kleine Kanzleien unrentabel. Die Großen bemängeln Bürokratie und Verwaltungsaufwand beim internen Audit und bei Klientenprüfungen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 14.09.2013)

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