Kolonialwaren in einer Monarchie ohne Kolonien

(c) Www.BilderBox.com (Www.BilderBox.com)
  • Drucken

Die Wiener Warenkundesammlungbeherbergt spannendes Wissen der letzten Jahrhunderte, das jetzt neu aufgerollt wird.

Import und Export war immer schon wichtig – auch zu Zeiten der Weltausstellung in Wien anno 1873. Beispiel eines klassischen Importprodukts war damals brasilianischer Kaffee. Als Exportprodukt der österreichischen Monarchie konnten die Besucher der Weltausstellung die Fes-Produktion bewundern: die arabisch-türkischen Kopfbedeckungen à la Meinl-Mohr. „Es gab wenige Fabriken damals, und Österreich exportierte in die Türkei und nach Ägypten“, erzählt Susanne Gruber. Es sind die Geschichten hinter den Objekten, die Wissenschaftler motivieren, alte Kataloge und Archive zu durchstöbern. Gruber leitet für drei Jahre das forMuse-Projekt über die Wiener Warenkundesammlung im Technischen Museum Wien. Außer den Warenproben und Rohstoffen der 1873er-Weltausstellung umfasst diese auch Objekte des Orientalischen Museums, das bis zum Ende der Monarchie den Handel mit dem Orient fördern sollte.

„Die Objekte wurden später in der Hochschule für Welthandel gesammelt, da waren es 30.000 bis in die 1970er“, so Gruber. Nicht alle sind erhalten, etwa 17.000 inventarisierte Objekte liegen nun zur Erforschung im TMW bereit. Highlight der Weltausstellung waren auch Thonet-Möbel: Nicht nur das Endprodukt, sondern auch Fertigungsschritte sind in der Warenkundesammlung von den Sesseln und vielen anderen Objekte erhalten. „In Zeiten der Wirtschaftskrise kamen sogenannte Ersatzwaren dazu.“ Statt brasilianischen Kaffees wurde in den 1920ern Malzkaffee verwendet, statt Seide Kunstfaser, statt Indigo aus England billigere Blaufärbungen. Woher welche Objekte stammen, welche Details bei der Weltausstellung zu bewundern waren, was die Geschichten hinter den Waren aus aller Welt sind – das finden nun Gruber und ihre Mitarbeiter bei der Auswertung 130 Jahre alter Kataloge, der Durchforstung alter Lehrbücher und der Entzifferung der ursprünglichen Etiketten heraus.

Technisches Museum: Mo bis Fr: 9 bis 18h; Sa, So, Feiertage: 10 bis 18h.
Mariahilfer Str. 212, 1140 Wien. Tel.: 01/89998-0, www.tmw.at

Info: www.formuse.at

("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.08.2009)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.