Dialekte sind nicht vom Aussterben bedroht, aber...

Wie unterhalten sich diese jungen Menschen? Freilich anders, als ihre Eltern es in ihrer Jugend taten.
Wie unterhalten sich diese jungen Menschen? Freilich anders, als ihre Eltern es in ihrer Jugend taten.(c) APA
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Oft verwechsle man die Veränderung von Dialekten mit deren Verschwinden, sagt Experte Glauninger. Weil der Dialekt der Kindheit auch nur eine Momentaufnahme war.

Dialekte in Österreich sind nicht vom Aussterben bedroht. So relativiert Sprachwissenschafter Manfred Glauninger eine häufige Klage. Die Annahme, dass Dialekte verschwinden würden, beruhe auf einem Missverständnis, sagt er: Sprache und Dialekte seien dynamisch und in ständigem Wandel. Der als "echt" empfundene Dialekt früherer Generationen sei aber auch eine Momentaufnahme.

Die Veränderung von Dialekten werde oft mit deren Verschwinden verwechselt, weil etwa der Dialekt aus der Kindheit als etwas "seit jeher unverändert Existierendes" gesehen werde, erklärte der Dialektforscher der Uni Wien anlässlich des Unesco Sprachen-Welttags am 21. Februar.

Man spricht nicht weniger oft durchgehend Dialekt

Natürlich gibt es ein "Aber": Vor allem junge Menschen würden Dialekt aber immer seltener durchgehend sprechen, meint Glauninger. In Österreich gelte das vor allem für die Metropolregion Wien - hingegen keinesfalls für den Westen des Bundesgebietes, insbesondere nicht für Vorarlberg. Im "Ländle" ist der Dialekt für junge Menschen aufgrund ihrer Sozialisierung eine Selbstverständlichkeit. Die Mehrheit der Österreicher spreche zumindest in bestimmten Situationen im Dialekt, sagt der Sprachwissenschafter. Seine Lieblings-Dialekt-Wörter sind "wurschteln, Pallawatsch und Tschick".

Was die Vielfalt österreichischer Dialekte betrifft, so sind diese durch verschiedenste Einflüsse geprägt, erklärt Glauninger. "Haberer" und "Beisl" gelten als "typisch wienerisch", diese Wörter stammen aber ursprünglich aus dem Jiddischen, so wie "G'spusi" oder "Bassena" wiederum aus dem Italienischen kommen. Kontakt zu anderssprachigen Gruppen habe die österreichischen Dialekte vor allem während des habsburgischen Vielvölker-Imperiums beeinflusst, sagt der Dialektforscher. Die Grundlage für die Entwicklung der heimischen Dialekte legten die "germanischen" Gruppen der Alemannen und Baiern, die ab dem frühen Mittelalter das Gebiet des heutigen Österreichs besiedelten.

Fast ganz Österreich ist bairisch

Darauf baue auch die sprachwissenschaftliche Unterscheidung der Dialekte auf. So wird Österreich in zwei große Dialektgebiete unterteilt. Zum einen in das alemannische - dazu gehört Vorarlberg - und zum anderen in das bairische Gebiet - darunter fällt der Rest Österreichs. Der bairische Dialektraum könne noch einmal in ein "mittelbairisches", ein "südbairisches" Areal und ein dazwischen liegendes "Übergangsgebiet" untergliedert werden. Die landläufige "laienhafte" Unterscheidung der Dialekte nach Regionen - von "steirisch" über "tirolerisch" bis hin zu "mühlviertlerisch" und "lavanttalerisch" - sei aber keinesfalls falsch, sondern eine gesellschaftliche Realität, betont der Dialektforscher.

Wenn verschiedensprachige Menschen über längere Zeit interagieren, etwa durch Immigration, dann habe das Auswirkungen auf alle involvierten Sprachformen. Jedoch müsse man bei der sprachlichen Veränderung bedenken, dass jeder historische und gesellschaftliche Kontext spezifisch sei: "Was für tschechischsprachige Zuwanderer in Wien Ende des 19. Jahrhunderts gegolten hat, muss sich im Zusammenhang mit Immigranten aus der Türkei im heutigen Vorarlberg nicht wiederholen."

Der Welttag der Muttersprache geht auf einen Protest in der ehemals pakistanischen Provinz Bengalen am 21. Februar 1952 zurück. Die Bevölkerung wehrte sich gegen die Einführung von Urdu als Amtssprache, da diese nur von der herrschenden Klasse gesprochen wurde. Die weitverbreitete Bengali-Sprache sollte hingegen unterdrückt werden. Fast 20 Jahre später wurde Ost-Bengalen unabhängig und zum Staat Bangladesch, welcher Bengali als Amtssprache einführte.

Die Sonderorganisation der Vereinten Nationen für Erziehung, Wissenschaft und Kultur (UNESCO) ruft nun seit etwa 20 Jahren alle Mitgliedsstaaten dazu auf, am 21. Februar Sprachenvielfalt und Mehrsprachigkeit zu feiern und zu erleben. Sie sieht darin einen "Grundpfeiler für Nachhaltigkeit und Frieden".

(APA/red.)

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