Kinoträume: Museumsreife Metzeleien

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Das Remake des Schwarzenegger-Hits "Total Recall" ist unnötig, dafür wirkt Arnold in der ironischen Fortsetzung "The Expendables 2" müde. Regisseur Simon West zeigt Interesse an rapider Dekonstruktion.

Zwei neue Hollywood-Großproduktionen halten, was ihr Titel verspricht – und rufen das Leinwand-Comeback des steirischstämmigen Action-Superstars Arnold Schwarzenegger nach seinem Zwischenspiel in der US-Politik ins Gedächtnis. Ein Film tut es durch seine schmerzhafte Absenz: „Total Recall“, ein Remake des Science-Fiction-Hits von 1990 mit Schwarzenegger als biederem Bauarbeiter der Zukunft, der (frei nach Philip K. Dick) von Abenteuern träumt. Dank futuristischer Chirurgie lässt er sich entsprechende Erinnerungen einpflanzen, um zu entdecken, dass er wirklichein unbesiegbarer Geheimagent ist und bald die Revolution der unterdrückten Mutanten der Marskolonie anführt. Oder funktioniert nur sein Implantat zu gut?

„Die totale Erinnerung“ war damals der deutsche Untertitel. Visionär, zumal er das 22 Jahre später entstandene, vernachlässigbar abweichende Remake perfekt beschreibt: Abgesehen von aufwendigem „Blade Runner“-Design erinnert die Neuauflage exklusiv daran, wie viel besser das Original war. (Der schwache US-Start legt nahe, dass sich die jüngere Hauptzielgruppe gar nicht erinnert.) Das Original inszenierte Paul Verhoeven, der große Subversive des Blockbuster-Kinos: mit heimtückischem Humor, grotesken analogen Spezialeffekten und protomarxistischen Untertönen sabotierte er nebenher den Heldentraum, den er als knallige Pop-Achternbahnfahrt verpackte. Für das Remake zeichnet leider Len Wiseman: Der kann zwar, wie schon in den „Underworld“-Filmen, seine Gattin Kate Beckinsale (hier als Doppelagenten-Terminatrix) gut in Szene setzen, sonst versinken Story, tiefere Themen und Charaktere (farblos als Schwarzenegger-Ersatz: Colin Farrell) in humorloser, konventioneller Computerspiel-Action.

Ein parodistisches „I'll be back“

In „The Expendables2“ taucht Schwarzenegger persönlich auf, um Erinnerungen an bessere Zeiten zu beschwören: In der Fortsetzung zu Sylvester Stallones Wiedervereinigungsprojekt von 80er-Actionstars wirkt die steirische Eiche aber abgekämpft. Vielleicht ermüdet es ihn, mit Bruce Willis die jeweils berühmtesten Kinosager in parodistischer Verkehrung auszutauschen. „This time I'll be back“, sagt Willis. Arnold antwortet natürlich: „Yippie-Kay-Yeah!“

Der erste „Expendables“ hatte bei aller bewussten Lächerlichkeit auch rührende, mythische Trash-Noblesse: Die alten Körperkrieger gingen in der digitalen Ära in ihr Walhalla. Wegen Erfolgs kehren sie nun im Serienformat wieder und metzeln sich erneut im Reagan-Ära-Stil durch die Dritte Welt (und den sinistren Ostblock). Aber alles augenzwinkernd: Sogar Chuck Norris schaut vorbei, um gemäß ironischem Internetkult „Chuck Norris Facts“ zu zitieren. Nur Jean-Claude Van Damme – als Schurke namens „Vilain“! – und Dolph Lundgren zeigen tatsächlichen charakterdarstellerischen Humor.

Regisseur Simon West zeigt Interesse an rapider Dekonstruktion – weniger des filmischen Raums als des menschlichen Körpers. Das stärkt die Parallelen zwischen den Darstellern und Söldnern: Hauptsache, Geld machen. Die kalkulierte postmoderne Selbstironie heutiger Durchschnittsprodukte regiert, die absurde Parade müder Action-Ikonen, eigentlich Raison d'Être des Films, wirkt titelgerecht zusehends entbehrlich. Sie alle gehören in ein Museum, witzelt Schwarzenegger am Ende. Man wünschte, es hätte melancholische Resonanz.

„Total Recall“: ab Freitag im Kino; „The Expendables2“: ab 30.8.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.08.2012)

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