Feen: Süß, aber nicht ungefährlich

(c) Disney 2012
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Vampire sind abgelutscht: Nun spielen Feen die Hauptrolle in Filmen wie dem neuen Disney-Schlager „Tinkerbell“. Die Inspiration wird in anderen Bereichen aufgegriffen.

Fairies: In der Suchmaschine Google stößt man bei diesem Schlagwort auf Absinth, Märchen, Punk-Bands. Es ist schwer vorstellbar, dass der moderne Mensch wirklich an Feen glaubt. Aber wenn man bedenkt, dass in den letzten zwei Jahren einschlägige Filme über die Kinoleinwand geflimmert sind und sich gleich zwei amerikanische Fernsehserien, „Once Upon A Time“ und „Grimm“, ausschließlich mit dem Thema beschäftigt haben, den Zusehern opulente Visionen von Feen und anderen Sagengestalten bescherten, ist dieser Gedanke ein bisschen weniger absurd, als er im ersten Moment erscheint.

Die Flucht in andere Welten biete Trost und Ablenkung in der Wirtschaftskrise, meint James Elphick, Veranstalter des alljährlichen „Goblin King“-Fantasy-Maskenballs in London, der im Underground-Space „Old Vic Tunnels“ stattfindet (siehe www.goblin-king.co.uk). „Die Leute brauchen ein Ventil, denn mit den Kürzungen bei Kunstzuschüssen, Jugendzentren sowie den Jugendkrawallen vor einem Jahr warten hier alle darauf, dass irgend etwas passiert. Man fühlt diese wahnsinnige Energie, und die Feenszene hilft da ein bisschen bzw. entlastet. Was ist besser, als eine Nacht lang das wilde Treiben der Feenwelt zu erleben?“, fährt Elphick fort. Sowohl Künstler als auch normales Publikum seien gefordert.



Das Gefühl, Teil einer Szene zu sein, spielt auch hier eine wichtige Rolle. Die Fairy-Szene oder auch der Glaube an Engel, der in den USA „trendy“ wurde, ist die Fortsetzung der Vampir- und Werwolfmanie, die sich in Bücherserien und Webcommunities niederschlägt. Dabei hat die Fae-Szene (sic!) aufgrund der keltischen Wurzeln besonders in England verstärkt Fuß gefasst. Die Briten haben zum Beispiel das „Three Wishes Festival“, das die spirituellen Aspekte der Fee feiert. In der Literatur (von Shakespeare bis Heine!) oder der Kunst (Romantik) sind Feen, Elfen seit jeher daheim. Auch die zeitgenössische Kulturproduktion vergisst aber nicht auf sie.

So zeigt Peter Jacksons neue „Lord of the Rings“-Weiterverwertung, „Der Hobbit“, die romantischen und kriegerischen Elfen, und es gibt die niedliche Cartoon–Version von Tinkerbell in „Das Geheimnis der Flügel“. Außerdem stürzt sich spätestens seit dem Erfolg der TV-Serie „Once Upon A Time“ und gleich zwei Schneewittchen-Filmen („Spieglein, Spieglein“ mit Julia Roberts und „Snow White and the Huntsman“ mit Kristen Stewart) die Modeszene in alle möglichen Märchenwelten und gibt ihre bisweilen düster-opulente Interpretation des Themas zum Besten.

Zauberhaft und zeitlos. Abseits des Catwalks und unberührt von Trends baut die Künstlerin Tessa Farmer schon seit ihrer Zeit als Studentin in Oxford Miniaturfeen aus Insekten, Wurzeln und anderen Dingen. „Meine Feen sind keine niedliche Disney-Tinkerbell-Variationen. Meine Feen sind wie die Ursprungsgeister der Feen.“ Tessa Farmers kleine schauerliche Feengestalten drücken finsteres, verborgenes Treiben aus, sie sind unheimlich und morbide – eine Gedankenwelt, die ihr aber selbst fremd ist, behauptet die Künstlerin. Aber die Leute sprechen sie darauf an. „Jeder hat mal mit Feen gespielt, aber als Erwachsener vergisst man diese Erfahrungen. Ich habe Glück, ich spiele jeden Tag mit ihnen.“

In der Underground-Szene Londons leben manche sowohl die sonnige, liebenswerte als auch die dunkle, sexualisierte, mächtige Variante dieser Märchengestalten aus. James Elphick sieht diese Rollenspiele als Fortführung einer uralten britischen Tradition: „Es ist eine der großen britischen Traditionen, dieser ganze Eskapismus, alles fügt sich zusammen, die alte Koboldfolklore, die Geschichten aus Irland, das steckt uns im Blut.“

Und während die Mode es jedem Einzelnen ermöglicht, einen Kleiderschrank mit zauberhaften Kreationen aufzupeppen, gibt es auch Menschen, die seit Jahren als moderne Feen leben: Die Künstlerin und Designerin Georgina Rose, eine Rund-um-die-Uhr-Feenprinzessin, die Elfenschmuck wie z. B. glamourös verzierte Rehschädel schafft: „Aber auch ein bisschen Glitzer im Make-up reicht schon. Es geht darum, sich wohlzufühlen und sich nicht darum zu kümmern, was die Leute denken“, rät Rose Neo-Elfen.

TIPP

Im Kino: Tinkerbell. Das Geheimnis der Feenflügel“ und „Der Hobbit“.

Buchtipp: Silvana De Mari „Die Rückkehr der Elfen“ (cbj), ab elf Jahren.

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