Als ein Brand Welles' Haus zerstörte, galt auch "Too Much Johnson" als verloren. Ein glücklicher Zufall förderte das Werk wieder zutage. Es trägt bereits die Handschrift des "Citizen Kane"-Regisseurs.
In Italien wurde ein verschollen geglaubter Film von Orson Welles entdeckt: "Too Much Johnson" stammt aus dem Jahr 1938 und ist Welles erster Film. Zwar hatte Welles als Jugendlicher bereits mit dem Medium experimentiert, aber "Too Much Johnson" war die erste professionelle Auseinandersetzung des damals 23-jährigen Filmemachers mit Film. Er weise schon typische Elemente von Welles' Bildsprache auf, schreibt die "New York Times", darunter schräge Kamerastellungen und "heroische Winkel", der Schauspieler von schräg unten zeigen. Drei Jahre nach dem Dreharbeiten brachte Welles "Citizen Kane" heraus, einen der wichtigsten Werke der Filmgeschichte.
Broadway-Flop stoppte Film
"Too Much Johnson" blieb allerdings unvollendet. Das Material sollte zu Vorfilmen der einzelnen Akte für das gleichnamige Stück, die Neuinszenierung einer Posse von 1894, gefertigt werden. Es handelt von einem Hallodri namens Augustus Billings, der - getarnt als kubanischer Plantagenbesitzer Johnson - eine Affäre hat. Unpraktischerweise gibt es aber einen echten Plantagenbesitzer namens Johnson. Joseph Cotten, der später in "Der dritte Mann" zu sehen war, spielte die Hauptrolle. Außerdem wirkten Arlene Francis, Ruth Ford, Mary Wickes, Welles selbst sowie seine damalige Ehefrau Virginia Nicholson mit.
An den Broadway schaffte es das Stück "Too Much Johnson" allerdings nie. Nachdem es bei der Vorpremiere floppte, wurde es aus dem Programm gestrichen. Welles Film wurde folglich nicht gebraucht.
Brand in Welles' Villa
Zwanzig Jahre nach den Dreharbeiten plante der Filmemacher die Fertigstellung seines Werkes. Welles war in den 1960er Jahren in seiner Villa in Spanien über sein Frühwerk gestolpert und wollte es als Geburtstagsgeschenk für Cotton vollenden. Doch während der Filmemacher als Schauspieler bei Dreharbeiten außer Landes war, brannte seine Villa ab - "Too Much Johnson" galt fortan als zerstört.
Nun tauchte "Too Much Johnson" in einem Lagerhaus im italienischen Pordenone wieder auf, ein Glücksfall für den Film, der auf hochsensiblem und leicht brennbaren Zelluloidfilm gedreht worden war. Denn in Pordenone ist auch das die Kulturzentrum Cinemazero angesiedelt, das gemeinsam mit dem Filmmuseum von Friaul Cineteca del Friuli jährlich eine Konferenz für Filmwissenschaftler abhält.
Soll im Internet veröffentlicht werden
Die Mitarbeiter von Cinemazero erkannten bald, welchen Schatz sie gefunden hatten und übergaben die Filmrollen an das Fotografie- und Filmmuseum George Eastman House in Rochester, New York, wo das Material nun restauriert wird. Es sei die bedeutendste Restaurierungs-Aufgabe von George Eastman House seit langem, erklärte der Projektverantwortliche Paolo Cherchi Usai. Wie der Film nach Italien gelangte, ist ungeklärt.
"Too Much Johnson" soll am 9. Oktober im Rahmen eines Stummfilm-Tages in Pordenone das erste Mal gezeigt werden. Wenn sich ein Geldgeber findet, soll der Film noch heuer im Internet veröffentlicht werden.
(her/APA/dpa)