Joe Dante: Stoppt die dummen Vorschläge!

Joe Dante: Stoppt die dummen Vorschläge!
Joe Dante: Stoppt die dummen Vorschläge!(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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»Gremlins«-Regisseur Joe Dante gastiert derzeit in Wien. Ein Gespräch über seine Anfänge bei Roger Corman, sein Faible für politische Satire und Hollywoods heutigen Jugendwahn.

Ihr nächstes Projekt ist ein Film über den B-Picture-Produzenten Roger Corman, bei dem in den 1970ern Ihre professionelle Karriere begann: Sie schnitten seine Trailer.

Joe Dante: Ja, Roger graste damals die Filmschulen ab. Als er mit der Westküste durch war, holte er Leute von der Ostküste wie Martin Scorsese. Ich gehörte zu seinem Umfeld und hatte Corman schon geschrieben, wie sehr ich seine Filme mochte. Ich legte meine Roger-Corman-Anstecker bei: Die hatte ich als Reaktion auf die vielen Jean-Luc-Godard-Buttons in der Filmschule gemacht. Rogers Kommentar: „Sie haben sehr guten Geschmack!“ Viele bekannte Regisseure begannen bei ihm, manche hielten dieses Exploitation-Kino für ihrer unwürdig. Ich war von vornherein ein Fan. Später begriffen aber alle, wie wertvoll und ungewöhnlich diese Ausbildung war: Man lernte alle Jobs, weil man einsprang.

Sie hatten dort wohl die meiste Freiheit?

Ja, weil es kein Geld gab – auch nicht, um die Filme zu machen! Aber man konnte tun, was man wollte, solange man sich an die Auflagen hielt, um das Produkt zu verkaufen, soundsoviele nackte Brüste, soundsoviele Morde. Obwohl: Ein Schwarz-Weiß-Kunstfilm wäre wohl auch nicht durchgegangen!

Ihre erste Solo-Regiearbeit war 1978 „Piranha“, angelegt als Verschnitt von „Der weiße Hai“. Es ist auch Ihre erste Politsatire.

Das ergab sich von selbst. Ich war ein unpolitischer Mensch – bis zu den Unruhen in Chicago 1968. Es war so klar, dass da etwas falsch lief, dass ich ein Aktivist wurde. Das „Piranha“-Originaldrehbuch war nicht nur unpolitisch, es ergab auch sonst kaum Sinn. John Sayles schrieb es um: Wir sahen eine Gelegenheit, zu kommentieren, was in Vietnam passierte. Wir wollten so weit wie möglich weg vom „Weißen Hai“-Plagiat – aber wie bei einem Film über Monsterfische, die alle Badenden auffressen? Wir tobten uns also an den Rändern aus. Roger produzierte viele Filme mit solchen linken Untertönen.

Wie kamen Sie dann zu Steven Spielberg?

Spielberg mochte „Piranha“ und meinen darauf folgenden Werwolffilm „The Howling“. Also schickte er mir die Urfassung des „Gremlins“-Drehbuchs.

Der Film wurde 1984 ein Welterfolg. Im Vorspann steht groß „Steven Spielberg presents“ – zuletzt kommt Ihr Regie-Credit, ganz klein versteckt unter dem Schreibtisch der Hauptfigur, die in der Bank arbeitet. Sie haben Ihren Namen nie groß lanciert...

Die Formulierung „a film by“ habe ich nie gemocht – oder verwendet. John Carpenter hat das gemacht. Hitchcock und Cecil B. DeMille waren die Meister dieser Selbstvermarktung – und zählten zu den wenigen Regisseuren, die die Leute tatsächlich erkannten! Doch es legt einen im Genre fest: Suspense bei Hitchcock, Horror und Science-Fiction bei Carpenter. Es schafft eine Fanbasis, aber man muss in seinem Reservat bleiben, sonst spricht das die Fans nicht an. Aber als Regisseur will man doch Verschiedenes ausprobieren...

Ihre letzte Großproduktion war „Looney Tunes: Back in Action“ von 2003. Seither drehen Sie unabhängig und für das TV.

Wie viele große Namen von früher! Mit dem Alter halten einen die Studiobosse für ungeeignet, das Zielpublikum unter 25 Jahren zu verstehen. Wer Erfahrung hat, ist auch teurer – und spricht sich deutlich gegen die vielen dummen Vorschläge aus, die man in Hollywood ständig bekommt. Das mögen diese Leute gar nicht. Bei „Looney Tunes“ wurde letztlich viel auf eine Art gemacht, die ich schlicht für falsch hielt.

Das hat dazu beigetragen, dass Sie sich explizit über dieses kapitalistische System lustig machen. Seit den 1990ern erzählen Sie satirisch, wie Corporate Culture unser Leben beherrscht und gleichmacht: von der Shopping Mall in „Gremlins 2“ über die Kinderzimmer-Miltärinvasion in „Small Soldiers“ zum weltweiten Wahnsinn in „Looney Tunes“. Die Filme wirken immer aktueller.

Sie brauchen sich nur umzuschauen: Es ist deren Welt. Wir leben nur darin. Bei „Gremlins 2“ hatte ich noch Carte blanche, solange ich nur zum Starttermin einen „Gremlins“-Film fertig hatte: Das Management musste mir alles durchgehen lassen. Bei „Looney Tunes“ hatten sie interessanterweise keine Probleme damit, dass ich mich über Warner Bros. selbst oder das Walmart-Merchandising lustig machte. Sie bekämpften aber den Humor der originalen „Looney Tunes“ – etwa, dass Bugs Bunny direkt in die Kamera spricht! Sie wollten dafür Marketing-Ideen, etwa die Figuren in Hip-Hop-Kluft stecken. Der Film war ein Flop – vor allem, weil Warner die Originale nicht mehr im Fernsehen spielt. Die Kinder kennen sie nicht mehr. Und wenn sie doch laufen, dann zensiert – alles Offensive muss raus, etwa Gewaltszenen.

Darum kreisen auch alle Ihre Filme: die Gewalt der Popkultur. Sie zeigen sie dabei als paradox: bedrohlich wie befreiend.

Na ja, so ist Amerika. Sehen Sie sich nur den Waffenwahn an. In den USA wird jeden Tag jemand erschossen. Aber damit hat man keine Probleme.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.09.2013)

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