Star Wars VII bis IX: Die Erben des Lucas-Evangeliums

Publicity photo of cast reading for 'Star Wars: Episode VII' in Buckinghamshire
Publicity photo of cast reading for 'Star Wars: Episode VII' in Buckinghamshire(c) REUTERS
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Mitten in einem Generationswechsel befindet sich die Weltraumsaga »Star Wars«: Schöpfer George Lucas zieht sich als Kreativberater auf die Ersatzbank zurück, die jungen Wilden Hollywoods setzen das Sternensystem neu auf.

Es war einmal eine Zeit, etwa von der Mitte bis zum Ende der Achtzigerjahre, in der war das „Star Wars“-Universum an den Rand des popkulturellen Gedächtnisses gedrängt. Nach der Arbeit an der ersten Filmtrilogie, deren letzter Teil „Die Rückkehr der Jedi-Ritter“ 1983 weltweit in die Kinos kam, legte Blockbuster-Gottvater George Lucas seine gewaltige Schöpfung ruhend. Rückblickend erscheint dieses Zeitfenster beinahe obszön: Millionen von Fans wurde das süße Gift verweigert, das sie gelernt hatten, quasi-religiös zu verehren.

Heute, wo der Urknall von „Star Wars“ 37 Jahre in der Vergangenheit liegt, steht das potenteste Film-Franchise der Welt kurz vor seinem gewaltigsten Evolutionsschub. Angekündigt hatte sich diese Zäsur schon im Herbst 2012: Damals gab der Disney-Konzern, der sich mit dem Comic-Verlag Marvel bereits einen anderen Giganten der Unterhaltungsindustrie einverleibt hatte, bekannt, Lucasfilm Inc. für knapp über vier Milliarden Dollar gekauft zu haben. Branchen-Insider waren nicht wirklich überrascht: George Lucas hatte nämlich öffentlich gemacht, dass er sich aus dem Blockbuster-Geschäft zurückziehen wolle, nachdem seine „Star Wars“-Prequel-Trilogie vor allem von Fans mit Spott und Häme bedacht worden war.

Was an der Oberfläche nur wie ein weiteres Resultat von wirtschaftlichen Transaktionen innerhalb der Unterhaltungsindustrie wirkte, war auch ein Signum dafür, dass das Filmgeschäft, und damit auch „Star Wars“, sich in einer gewaltigen Umwälzung befinden. Während Lucas bei den gerade in Produktion befindlichen Filmen als „kreativer Berater“ ausgewiesen wird und damit als Zaungast auf die Weiterentwicklung seines Universums blickt, hat eine Generation von jungen Visionären die Steuerknüppel in die Hand genommen. Es ist eine Gruppe von (bis jetzt ausschließlich männlichen) Regisseuren, allesamt orthodoxe Lucasianer, die bereits als Buben vom Kampf der Jedi-Ritter gegen das Imperium begeistert waren und das Franchise jetzt selbst mitgestalten dürfen. Im „Star Wars“-Tempel wird jedenfalls kaum ein Stein auf dem anderen bleiben.

In ihrem Buch „Glittering Images“ (2012) nennt die streitbare US-Kulturphilosophin Camille Paglia George Lucas den wichtigsten Künstler unserer Zeit. Als Beweis gilt ihr das Finale der „Episode III: Die Rache der Sith“: Ein auf die dunkle Seite der Macht gerutschter Anakin Skywalker liefert sich mit seinem ehemaligen Mentor, Jedi-Ritter Obi-Wan Kenobi, einen epochalen Laserschwertkampf auf dem Vulkanplaneten Mustafar. Lucas pflanzte die Kontrahenten in eine komplett digitale Umgebung: eine filmtechnische Meisterleistung. Die freilich von älteren Star-Wars-Fans kritisiert worden ist, da sie einen (zu) deutlichen Bruch mit den handgemachten Trick-Kunstwerken der originalen Trilogie bedeutete.

Kontrollierte Träume? Lucas selbst gilt seit Jahrzehnten als Zukunftsforscher und Pionier neuer Techniken, mit denen sich die Art und Weise, wie Filme erzählt werden, verändern lässt. Unlängst prophezeite er auf einem Panel der „School of Cinematic Arts“ an der University of Southern California nicht nur den baldigen Niedergang des Hollywood-Studiosystems, sondern auch, dass die Technik bereits in einem Jahrzehnt so weit wäre, dass sie Schlafenden ermöglichen könne, ihre Träume zu kontrollieren.

Zu einem „Star Wars“ per somnium wird es so schnell allerdings nicht kommen. Aktuell werkt Regisseur J.J. Abrams, ein spiritueller Nachfolger Steven Spielbergs, an der Episode VII: Nachdem er bereits das „Star Trek“-Universum in zwei Kinofilmen gänzlich neu aufgesetzt hat, versucht er jetzt das gleiche mit „Star Wars“. Ästhetisch wie inhaltlich dürfte er dabei auf eine gewitzte Melange aus alten und neuen Elementen setzen. Neben neuen Cast-Mitgliedern wie Oscar-Gewinnerin Lupita Nyong'o, Gwendoline Christie aus der Erfolgsserie „Game of Thrones“ und „Gollum“ Andy Serkis kehren auch die Hauptfiguren der klassischen Trilogie, verkörpert von Harrison Ford, Carrie Fisher und Mark Hamill, auf die Leinwand zurück. Zur Geschichte der neuen Trilogie ist bisher natürlich noch nichts bekannt: Als sicher gilt aber, dass sich die Handlung auf die Abenteuer der (nach Anakin und Luke) dritten Skywalker-Generation konzentrieren wird.

Im Internet, längst Sammelbecken für Marketing-Auswürfe aus Hollywood, vergeht kaum ein Tag ohne neue Meldungen aus der „Star Wars“-Kommunikationszentrale. Eine Videobotschaft von J.J. Abrams direkt vom Set der „Episode VII“ ließ die Fan-Herzen dann überhaupt im Takt des „Imperial March“ schlagen: Während der Regisseur in die Kamera spricht, spaziert im Hintergrund ein Außerirdischer vorbei. Dass das Wesen offensichtlich analog und nicht im Computer entstanden ist, hat eine klare Botschaft in Richtung Publikum geschickt: Keine Sorge, wir machen nicht die gleichen Fehler wie George Lucas bei der Prequel-Trilogie! Abrams hat schon in der Vergangenheit mit viralen Marketing-Kampagnen zu seiner Hit-Serie „Lost“ oder dem Monsterfilm „Cloverfield“ bewiesen, dass er jene Kommunikationsdisziplin beherrscht, die altvordere Spektakelregisseure wie Lucas und Spielberg überfordert: nämlich das Publikum auf Augenhöhe anzusprechen und es mit einem konstanten Strom von Informationen und „Enthüllungen“ zu füttern.

Der Disney-Konzern findet offensichtlich, dass die Marke „Star Wars“ einen Coolness-Schub nötig hat, um sich von den Kindereien der Prequel-Trilogie zu erholen. Immerhin müssen die kommenden Großproduktionen in einer deutlich düsterer und erwachsener gewordenen Blockbuster-Landschaft funktionieren: Abrams übergibt nach der Episode VII, die zu Weihnachten 2015 in den Kinos gestartet wird, die Regie an Rian Johnson. Dieser entstammt der unabhängigen Filmemacherszene und hat mit seinem lässigen Zeitreise-Thriller „Looper“ unlängst einen Achtungserfolg eingefahren.

2015, 2017, 2019. Die Zukunft von „Star Wars“ steht jedenfalls nicht in den Sternen, sondern ist bereits generalstabsmäßig durchgeplant: Die Episoden VII, VIII und IX werden bis 2019 im Zwei-Jahres-Rhythmus in die Kinos kommen. Außerdem steht bereits eine neue Animationsserie in den Startlöchern: Die erste Staffel von „Star Wars Rebels“ startet im Herbst 2014 und soll ein Bindeglied darstellen zwischen der Vergangenheit und Zukunft der Saga. Parallel zu den Episoden VII bis IX lässt der Disney-Konzern aktuell auch zwei eigenständige „Star Wars“-Kinoprojekte entwickeln, die zwar innerhalb des etablierten Universums spielen, aber hinsichtlich Figuren und Geschichten unabhängig von den Hauptfilmen sind. Auch dafür wurden bereits Regisseure verpflichtet: Den ersten Film (Kinostart: 2016) inszeniert „Godzilla“-Mann Gareth Edwards, den zweiten (2018) Josh Trank, der aktuell noch am Superhelden-Spektakel „Fantastic Four“ arbeitet. Er ist 1985 zur Welt gekommen, also zu einer Zeit, als „Star Wars“ kaum mehr eine Rolle gespielt hat in den Kinder- und Jugendzimmern.

Mittlerweile ist das inhaltliche, visuelle und kommerzielle Erbe von George Lucas längst zu einem eigenen Mega-Unternehmen herangewachsen, das jetzt auch noch von einem Mega-Konzern gelenkt wird. Als Zuschauer (oder Konsument) wird man in ein schillerndes Multi-Milliarden-Dollar-Universum eingespeist, in dem ein Film (oder Produkt) auf das nächste folgt, und aus dem man, vor allem wenn man Kind ist, wohl nur mehr schwer aussteigen kann. Und nur die selbstreflexivsten Fan-Zirkel stellen sich überhaupt die Frage, auf welche Seite der Macht diese Star Wars Corporation denn eigentlich fallen würde: auf die helle oder die dunkle?

Chronik

1977. „Star Wars: Episode IV – Eine neue Hoffnung“ läuft in den USA an, im Jahr darauf in Deutschland, zunächst als „Krieg der Sterne“. Es geht um das böse Imperium, das mittels eines „Todessterns“ einen Planeten vernichten will. Die guten Rebellen kämpfen dagegen. Der Film bekam 1978 sechs Oscars.

1980. „Episode V – Das Imperium schlägt zurück“: Der böse Darth Vader stellt sich als Vater des guten Luke Skywalker heraus.

1983. „Episode VI – Die Rückkehr der Jedi-Ritter“: Der Todesstern wird vernichtet.

1999. Mit „Episode I – Die dunkle Bedrohung“ beginnt die Trilogie der Prequels, also der Vorgeschichte zu den Episoden IV bis VI. Die Galaxie ist noch eine Republik.

2000. „Episode II – Angriff der Klonkrieger“: Die Republik wird allmählich unterwandert.

2005. „Episode III – Die Rache der Sith“: Die Ära des bösen Imperiums beginnt. Der gute Anakin Skywalker wird zum bösen Darth Vader.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.07.2014)

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