Das Ende des erweiterten Universums

PHILIPPINES STAR WARS DAY
PHILIPPINES STAR WARS DAY(c) APA/EPA/RITCHIE B. TONGO
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Die hunderten Romane und Comics, die rund um den sechsteiligen »Star Wars«-Kanon entstanden sind, werden von Disney zu »Star Wars Legends« degradiert.

Es ist passiert, was immer passiert bei Machtwechseln: Elemente, die dem neuen Regime nicht gefallen, werden einfach aus dem System entfernt. Bei „Star Wars“ hat es das „erweiterte Universum“ (EU) erwischt und damit so etwas wie die Geek-Zentrale des Franchise. Für Nicht-Eingeweihte: In der weit, weit entfernten Galaxie, in der „Star Wars“ verehrt wird, sind die Geschichten von George Lucas zur Religion erhoben, zum unumstößlichen Fundament einer fiktiven Welt. Der Kanon setzt sich aktuell aus sechs Kinofilmen und der Serie „Star Wars: The Clone Wars“ zusammen. Alles, was abseits davon passiert, also vor allem Geschichten, die in Büchern, Comicromanen und Videospielen erzählt werden, zählen zum „erweiterten Universum“.

Die Geburt des EU datieren „Star Wars“-Historiker mit dem Jahr 1978: Damals veröffentlicht Alan Dean Foster „Splinter of the Mind's Eye“, eine spirituelle Fortsetzung zum ein Jahr zuvor veröffentlichten Erfolgsfilm. Wäre „Star Wars“ gefloppt, hätten die Produzenten versuchen wollen, aus der Han-Solo-losen Geschichte um Luke, Leia und einen geheimnisvollen Kristall ein billiger zu produzierendes Sequel zu destillieren. Stattdessen wurde „Splinter of the Mind's Eye“ zum frühesten Teilstück des „erweiterten Universums“, das mittlerweile auf eine schwer zu überblickende Größe angeschwollen ist. Weiter wachsen wird es allerdings nicht mehr: Kurz, nachdem Lucasfilm Inc. von Disney geschluckt worden ist, ließen die „Star Wars“-Götter ausrichten, dass sämtliche EU-Geschichten und Figuren nunmehr unter der neuen Marke „Star Wars Legends“ zusammengefasst würden: Das bedeutetet einen deutlichen Absturz innerhalb der Universums-Hierarchie. Mehrere hundert Romane und Comics werden zu Franchise-Fußnoten degradiert, um die stromlinienförmige Neukonzeption des ästhetischen, künstlerischen und wirtschaftlichen Imperiums zu ermöglichen.

Kanon wird beschützt. Natürlich wird es weiterhin „Star Wars“-Bücher geben; Das erste davon, John Jackson Millers „A New Dawn“, wird Anfang Oktober veröffentlicht. Allerdings müssen die Autoren ab sofort mit einer neuen Abteilung namens Lucasfilm Story Group zusammenarbeiten, die den Kanon zentralistisch verwaltet und beschützt, um sicherzustellen, dass sich keine Widersprüche einschleichen.

Fans reagierten auf den neuen Protektionismus mit gemischten Gefühlen: Während die einen dankbar scheinen für eine transparente und nachvollziehbare Chronologie der Ereignisse, beklagen die anderen, dass unter der Disney-Führung essenzielle Teilstücke des „Star Wars“-Universums randständig gemacht werden würden. Die Tabletop-Rollenspiele, die ab den späten Achtzigerjahren sehr erfolgreich vertrieben wurden, haben etwa diverse Details der fantastischen Galaxie überhaupt erst ausgearbeitet: Das mittlerweile kanonisierte Aurebesh-Alphabet war lediglich eine Ansammlung von Schriftzeichen auf Kulissenbauten, bis sie ein Autor des Rollenspielverlags systematisiert hat.

Als mindestens ebenso wichtig gilt vielen die „Thrawn“-Romantrilogie von Timothy Zahn. Erschienen Anfang der Neunzigerjahre, erzählt sie, wie Han, Leia und Luke fünf Jahre nach dem Sieg über den Imperator und Darth Vader mit einer neuen Bedrohung konfrontiert werden, als Großadmiral Thrawn mit dem Aufbau einer neuen Armee beginnt und zum Angriff auf die „Neue Republik“ ausholt.

Die heuer installierte, strenge Auslegung des offiziellen Kanons bedeutet vor allem, dass der Organismus „Star Wars“, der jetzt jahrzehntelang gewuchert und teils sehr schöne Blüten entwickelt hat, in ein enges Korsett gefasst wird. Wüsste man es nicht besser, man müsste fast annehmen, dass ein finsterer Sith-Lord hinter diesen Entwicklungen steckt. Eins steht fest: George Lucas trifft diesmal keine Schuld.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.07.2014)

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