"Schnell ermittelt": "Shake, shake, shake your bones"

Schnell ermittel
Schnell ermittel "Erinnern"(c) ORF
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Ursula Strauss kehrt in ihrer Paraderolle zurück: Als Kommissarin ermittelt sie ab Dienstag in zwei neuen Ausgaben von „Schnell ermittelt“. Je 90 Minuten Familientreffen.

Es gibt im modernen TV-Krimi-Genre US-amerikanischer Prägung so etwas wie heimliche Hauptdarsteller: die Leichen. Sie werden eingesammelt, aufgeschnitten, zersägt, angebohrt und ihrer letzten Geheimnisse beraubt (vor allem der Mageninhalt im Glas ist stets ein erquickender Anblick). Das alles wird so inszeniert, dass man meint, es ginge darum, einen dramatischen Pathologenmangel durch die subtile psychologische Wirkung szenisch überhöhter Forensik zu beheben – wie einst den fehlenden Andrang von US-Rekruten mit dem Actionspektakel „Top Gun“. Da tut es gut, wenn die Leiche einmal keine tragende Rolle spielt und die Schneidgeräte aus dem Seziersaal fürs Zerteilen einer Pizza Verwendung finden. Dass Ermittlerin Angelika Schnell kurz zögert, bevor sie am Rotwein nippt, den ihr Pathologe und Exmann Stefan im Laborbecher serviert, sieht ihr gar nicht ähnlich: „Ich möcht' nicht wissen, was du sonst damit machst“, sagt sie trocken – und nippt.

Der Tote im Hintergrund muss sich noch ein wenig gedulden. Er ist aber ohnehin schon mindestens 30 Jahre tot und deshalb nur noch als Skelett übrig. Seine Anwesenheit schadet der Stimmung aber keineswegs: „Shake, shake, shake your bones“, singen die Kommissarin und ihr Ex – und man denkt, was man denken soll: Warum sind die beiden eigentlich geschieden?

Und da fühlt man sich schon wie bei einem Familientreffen. Die insgesamt zweite 90-Minuten-Ausgabe von „Schnell ermittelt“ (die erste lief unter dem Titel „Schuld“ am Dienstag als Wiederholung im ORF-TV) ist wie ein Wiedersehen mit der Verwandtschaft, wo man einander kennt, liebt oder zumindest mag und sich manchmal auch gehörig auf die Nerven geht – wenn nicht alles gleichzeitig. Allen voran die eigenwillige, schnippische und trotz ihrer chaotischen Ader (die Handtasche!) äußerst erfolgreiche Kommissarin Schnell, die sich immer wieder gerne auf verbale Scharmützel einlässt. Bevorzugt mit ihrem Ex (Andreas Lust). Wenn es hart auf hart geht (wenn also das Teenie-Töchterl den Umzug fordert oder der halbwüchsige Sohn zur Waffe greift), sind die zwei als Eltern aber ein Team: beide gleichermaßen leidensfähig wie hingebungsvoll.

Wie sehr Hauptdarstellerin Ursula Strauss in dieser Rolle mitten im Leben der Zuschauer angekommen ist, zeigt eine sich immer wieder ereignende Anekdote: Obwohl sie sich mit Filmen wie „Revanche“, „Mein bester Feind“ oder „Oktober November“ auch im Kino längst einen Namen gemacht hat, wird sie auf der Straße noch immer als „Frau Schnell“ angesprochen. 2009 bis 2012 lief die Serie wöchentlich im ORF, 2010 erhielt Strauss eine Romy – und das wiegt im öffentlichen Gedächtnis mehr als der Österreichische Filmpreis (für „Vielleicht in einem anderen Leben“), der Einsatz für ein Kulturfestival (Wachau in Echtzeit) und die Präsidentschaft der Filmakademie (seit 2013, gemeinsam mit Oscar-Preisträger Stefan Ruzowitzky).

In „Erinnern“ geht es am Dienstag um einen Toten, der in einem Keller eingemauert war. Der Hausherr leidet an Alzheimer, seine Frau ist ahnungslos – und so kommt die Wahrheit nur nach und nach zutage. Die Autorinnen Katharina Hajos und Constanze Fischer arbeiten klar heraus, wie eine Lüge lebenslang die nächste nach sich zog – sie drehen die Schraube aber so weit, dass die Story letztlich doch konstruiert wirkt.

Tolle Besetzung: Bill, Weck, Ostermayer

Regisseur Michi Riebl nützt die 90Minuten, um die Figuren charaktervoll zu inszenieren: Maria Bill als beklemmend neurotische Tochter, Christine Ostermayer als verletzliche Ehefrau, Peter Weck als treuen, aber undurchsichtigen Freund, Rudolf Melichar als Alzheimerpatient. In dieser Familie ist alles faul, findet Angelika Schnell dank ihrer Intuition heraus. Sie kehrt nach einer Auszeit als Sonderermittlerin zurück und setzt auf ihr bewährtes Team: den verlässlichen Harald Franitschek (Wolf Bachofner), die fleißige Maja Landauer (Katharina Straßer) und deren „Plüschtiger“ Kemal Öztürk (Morteza Tavakoli). Sie sind nicht nur die „Soko SFLÖ“, sondern auch so etwas wie eine Familie.

„Schnell ermittelt“: „Erinnern“ (16.9.) und „Leben“ (23.9.; jeweils 20.15Uhr, ORF eins)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 13.09.2014)

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