Schneekanonen für James Bond: Im Winterdienst Ihrer Majestät

DREHARBEITEN ZUM NEUEN JAMES BOND-FILM ´SPECTRE´ IN OBERTILLIACH: CRAIG
DREHARBEITEN ZUM NEUEN JAMES BOND-FILM ´SPECTRE´ IN OBERTILLIACH: CRAIG(c) APA (JOHANN GRODER)
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Reportage. Action in Obertilliach: Auf seiner dritten Station hat der Bond-Dreh im Osttiroler Bergdorf Station gemacht. Dort wurde sogar der Schnee bewacht.

Am Pfingstsonntage 1915 erklärte das treulose Italien an Österreich den Krieg“, hebt der ausführliche Bildtext zu einem Fresko in der Pfarrkirche zu Obertilliach an. Die Osttiroler Gemeinde wurde zum Frontgebiet. Trotz starkem Beschuss gab es keine tödlichen Treffer. Geschützt hat, so will es der Volksglaube, ein frommes Gelöbnis.

Sicherheit spielt auch dieser Tage in Obertilliach eine große Rolle. Es geht allerdings weniger um den Schutz des Bürgers als vielmehr um den Schutz vor dem Bürger, genauer, vor dessen Neugier. Geschützt werden muss ein notorisch schutzloser Brite namens James Bond, denn die 700-Seelen-Gemeinde Obertilliach ist nach Altaussee und Sölden der dritte Ort in Österreich, wo Szenen für den neuen James Bond Film „Spectre“ gedreht werden.

Seit Donnerstag ist auch 007 Daniel Craig selbst hier im Einsatz, eine spektakuläre Verfolgungsjagd mit Kleinflugzeug ist bereits im Kasten, auch die Pyrotechnik hatte schon zu tun. Dass es gegen Ende der Woche ernst wurde, merkte man schon daran, dass sie plötzlich an jeder Ecke des schmucken Ortskerns zu stehen schienen: Die berufs- und kältebedingt meist mürrisch dreinblickenden Herren und Damen von „security systems“. In den letzten Tagen haben sie sich stetig vorgearbeitet, vom eigens gebauten Holzstadel, dem „Bond-Haus“ am oberen Ortsrand bis ganz herunter, zum Gasthaus Unterwöger. Trotzdem schaffen sie es nicht ganz, Fans und Medien fernzuhalten.

„Also mir wäre es ja zu blöd, einen Schneehaufen zu bewachen“, meint ein Einheimischer zu einem der privaten Sicherheitsleute. Dessen Kollege steht hinter der nächsten Hausecke und bewacht – einen Schneehaufen. Könnte ja jemand stehlen, Schnee ist hier heuer ein knappes Gut. Der Kunstschnee wurde extra hergekarrt, um für die bestellte winterliche Atmosphäre zu sorgen. „Letztes Jahr haben wir den Schnee kaum rausbekommen, und heuer führen wir ihn rein in den Ort“, erinnert Christiane, Schwester des Unterwöger-Wirts Josef Lugger, an den vergangen Rekordwinter, als man drei Tage keinen Strom hatte. Heuer kann sich James Bond fast mit den Organisatoren des Dolomitenlaufs, des just während der Dreharbeiten stattfindenden Langlaufmarathons, um das bisschen Weiß matchen.

Agentenmittel Desinformation

Die Filmcrew benutzt ein bewährtes Agentenmittel: Desinformation. Die Szenen unten im Ort werden Freitag gedreht, heißt es. Doch dann ist am Donnerstagnachmittag der Spaß schon vorbei, der Schnee wird Freitagfrüh bereits wieder abgetragen. Der eine Posten, der zuvor immerhin Schnee zu bewachen hatte, bietet jetzt ein noch traurigeres Bild. Eine Straße weiter liegt eine tote Ratte. Unbewacht, also keine Requisite.

Bei Fotos versteht die Security, die auch die zahlreichen Container- und Zeltlager der Crew bewacht, keinen Spaß: „Ich habe einmal ein Bild an einem Drehort geschossen, und sie haben von mir verlangt, dass ich es wieder lösche“, erzählt Unterwöger-Wirt Lugger. Auch unter Desinformation fallen die vielen Gerüchte, die in Ort und Umgebung in Umlauf sind. "Einer schnappt etwas auf, der nächste bauscht es auf und es wird dann überall herumerzählt", beschreibt Lugger diese Lesachtaler Spielart von Stille Post. Ein Beispiel: Die Filmleute hätten bei einem noch nicht fertig gebauten Haus Hand angelegt, weil es ins Bild kommen würde. Als wäre Bond bei einer Wohltätigkeits-NGO.

Obwohl die Vorbereitungen für einen ominösen Filmdreh schon vor einem Jahr begannen, hat man in Obertilliach lange nicht gewusst, dass es sich um den neuen Bond handelt. „Man hat uns nur gesagt: Es ist eine große Sache“, sagt Lugger, dessen Jahresbedarf an neugierigen Medienleuten schon Mitte Jänner gedeckt zu sein scheint.

Und was hat Obertilliach davon , außer, dass der Name der Gemeinde jetzt ein paar Wochen in den Medien ist? „Ob uns das langfristig etwas bringt, muss man sehen“, sagt Lugger: „Jetzt sind erst einmal die vielen Aufträge für das lokale Handwerk und Gewerbe wichtig, und das, was durch die Dreharbeiten an Geld in der Gastronomie und den Hotels bleibt.“ Er selber hat allerdings wenig davon, die Bond-Crews sind in anderen Quartieren im Lesachtal und im Raum Lienz untergebracht. Lugger hätte seine vielen Stammgäste ausquartieren müssen, die oft schon lange im voraus gebucht haben: „Das wäre aber nicht unsere Art.“ Und zufriedene Stammgäste, das ist mehr als nur ein Quantum Trost.

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