Christian Clavier: "Asterix ist keine sehr lustige Figur"

Une heure de tranquillité, un film de Patrice Leconte, scénario de Florian Zeller, avec Christian Clavier (Michel), Carole Bouquet (Nathalie), Valérie Bonneton  (Elsa), Rossy de Palma (Maria), Stéphane de Groot (Pavel), Sébastien Castro (Sébastien),
Une heure de tranquillité, un film de Patrice Leconte, scénario de Florian Zeller, avec Christian Clavier (Michel), Carole Bouquet (Nathalie), Valérie Bonneton (Elsa), Rossy de Palma (Maria), Stéphane de Groot (Pavel), Sébastien Castro (Sébastien),(c) Lunafilm Verleih/Pascal Chantier
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Der französische Filmstar Christian Clavier über die Komödie "Nur eine Stunde Ruhe", Rassismusvorwürfe aus Hollywood und Amerikas Unverständnis für europäischen Humor.

Die Presse: Sie arbeiten seit über 30 Jahren als Filmschauspieler und sind vornehmlich in Komödien zu sehen, derzeit in „Nur eine Stunde Ruhe“. Hat sich der französische Humor im Lauf der Zeit verändert?

Christian Clavier: Ich glaube nicht. „Monsieur Claude und seine Töchter“ etwa ist eine sehr klassische Komödie.

Aber der Inhalt ist zeitgemäß.

Stimmt, aber der Inhalt ist nicht die Quelle des Humors. Man muss vorsichtig sein, wenn man sagt: Alles ändert sich, und das Neue ist immer besser. So sehr ändern sich die wesentlichen Dinge gar nicht. Ein Beispiel: Bei der Fantasy-Komödie „Die Besucher“ war unser Ziel, dass die Hauptfiguren wirklich aussehen wie Menschen aus dem Mittelalter. Erst dachten wir, das klappt nie. Dann haben wir uns Gemälde von Brueghel angesehen. Man übernimmt die Frisuren und die Kleidung der Menschen darin, trägt ein wenig Make-up auf, und schon gleicht man ihnen. Wenn man dann zu spielen beginnt, findet man in der eigenen kulturellen Erinnerung die Anleitung zum passenden Verhalten. Und später denkt man sich: Wahrscheinlich haben Leute wie Montaigne gar nicht so viel anders gedacht als wir heute. Was sich schon verändert hat, ist die Kommunikation – die Handys, das Internet. Die Reduktion unseres Lebens darauf ist derzeit eines unserer größten Probleme.

Von den „Besuchern“ gab es auch ein US-Remake. Sind Sie damit zufrieden?

Beim Remake haben wir mitgespielt, aber nicht mitgeschrieben. Die Amerikaner verstehen europäischen Humor nicht. Im Original haben wir sehr schlechte Zähne, weil wir aus dem Mittelalter kommen. Der US-Produzent hat sich bei diesem Detail sofort quergelegt: Das Publikum würde das nie akzeptieren. In diesem Moment ruiniert man einen wesentlichen Aspekt der Authentizität der Figur. Schritt für Schritt wird ein Hollywood-Film daraus, und Hollywood ist sehr gut darin, Hollywood-Filme zu machen – aber von der ursprünglichen Idee bleibt nicht viel. Die Produzenten glauben zu wissen, wie das Publikum denkt. Ich behaupte nicht, dass es unmöglich ist, etwas durchzusetzen, aber mit „Monsieur Claude“ war es dasselbe, es hieß: Dieser Film ist rassistisch, wir wollen ihn nicht. Ich bin fest davon überzeugt, dass er gut beim Publikum angekommen wäre, aber die Produzenten entscheiden in dessen Namen dagegen.

Im Film „Nur eine Stunde Ruhe“ spielten Sie mit einem sehr erfahrenen Ensemble zusammen, in Ihrem letzten Erfolgsfilm „Monsieur Claude und seine Töchter“ mit vielen Jungen. Was mögen Sie mehr?

Ich liebe beides. Ich komme gerade aus Brasilien, wo ich an der Seite von Dreißigjährigen spielte. Der Esprit der jungen Generation beeindruckt mich, sie haben denselben Appetit, den wir in ihrem Alter hatten, und ich will ihnen etwas von meiner Erfahrung weitergeben. Erfahrung kann man nicht lehren! Sie ist etwas Seltsames, wie weißes Licht, das strahlt, aber nicht wärmt. Wichtig ist für mich aber vor allem, dass die Schauspieler eine wirkliche Truppe bilden. Besonders in der Zwischenkriegszeit florierte in Frankreich eine Kinotradition, die ich sehr schätze: Damals war jede noch so kleine Nebenrolle extrem gut gespielt. Heute ist es Mode, nur zwei Hauptrollen gut zu besetzen, was schade ist – daher gibt es auch so viele Spezialeffekte.

Sie haben nun mehrfach mit Patrice Leconte zusammengearbeitet. Was schätzen Sie an ihm?

Er ist sein eigener Kameramann und somit der Erste, der den Schauspieler anschaut. Er lacht gern, ist sehr offen. Man weiß also, dass man von freundlichen Augen angeblickt wird, und das ist für einen Komiker sehr hilfreich. Um Menschen zum Lachen zu bringen, braucht man Selbstsicherheit, weil man alle Schwächen seiner Figur zeigen muss.

Erinnern Sie sich an Ihre erste Begegnung mit Leconte?

Unsere damalige Theatergruppe Splendid wollte ihn treffen, weil uns einer seiner früheren Filme gefallen hatte, wir kannten auch seine Arbeiten als Cartoonist. Wir haben viel miteinander geredet und gelacht – wenn man eine Komödie mit jemandem drehen will, sollte man über die gleichen Sachen lachen können. Selbst wenn alle Beteiligten sehr talentiert sind, könnte die Mischung sonst nicht aufgehen.

Sie haben in den ersten beiden Realverfilmungen von „Asterix“ den Asterix gespielt, haben Sie sich in diesen Filmen wohlgefühlt?

Asterix ist ein Sonderfall. Das ist eine Comicverfilmung, und in Comicverfilmungen fühlt man sich nie wohl. Meist sind sie so dünn wie das Papier ihrer Vorlagen. Zudem ist Asterix keine außerordentlich lustige Figur. Ehrlich gesagt, bevorzuge ich alle meine anderen Rollen. Es ist zwar ein schönes Souvenir und war eine gute Gelegenheit, mit Gérard Depardieu zusammenzuarbeiten, aber Comicfiguren zu spielen finde ich doch etwas frustrierend.

Zur Person

Christian Clavier wurde Ende der Siebziger durch Filme von Patrice Leconte bekannt: Er war Mitbegründer der Comedy-Gruppe Le Splendid, deren Bühnenprogramme die Grundlage für Lecontes ungeheuer erfolgreiche „Les Bronzés“- („Die Strandflitzer“-)Filme lieferten. Leconte ist auch Regisseur der Komödie „Nur eine Stunde Ruhe“, die derzeit in österreichischen Kinos läuft. Clavier spielt darin einen gutbürgerlichen Egoisten, dessen Welt zerfällt – mit viel Situationskomik und feinem Humor.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 07.05.2015)

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