Die fantastischen Filmleben des Dracula Christopher Lee

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Angeblich stammte er von Karl dem Großen ab, er kam ins „Guinness-Buch der Rekorde“ und spielte sogar Heavy Metal: Über Christopher Lee, der als Dracula weltberühmt wurde, gruselige Bösewichte spielte und bis zuletzt das Publikum anzog, in „Stars Wars“ wie in „Herr der Ringe“.

Er war unübersehbar, nicht nur wegen seiner fast zwei Meter Größe: Christopher Lee spielte auf spektakuläre Weise spektakuläre Bösewichte; er spielte fast bis zu seinem am Donnerstag bekannt gewordenen Tod mit 93 Jahren: so viel, dass er wegen seiner fast 300 Filmrollen ins „Guinness-Buch der Rekorde“ kam. Der Film war sein Leben, trotzdem lebte er noch andere dazu, zum Beispiel als Wagner liebender, aber Heavy Metal spielender Musiker; mit einer Metal-Version von „Jingle Bells“ kam er sogar als ältester lebender Künstler in die Charts.

Am Ende war Christopher Lee ganz offiziell ein Sir, was sehr gut zu ihm passte, dem Spross einer mütterlicherseits angeblich bis zu Karl dem Großen zurückreichenden Adelsfamilie. Er war sichtlich stolz auf seinen vermeintlichen Vorfahren, nannte seine Produktionsfirma nach ihm „Charlemagne“ und schrieb auch ein Lied über ihn. Lees Vater war britischer Offizier, Lee kämpfte selbst als blutjunger Soldat im Zweiten Weltkrieg, Leinwandblut und -Horror dünkten ihm danach lachhaft harmlos.

Für andere verkörperte er sie dennoch höchst glaubhaft, in einer Reihe von Gothic-Horror-Filmen der Hammer Film Productions in den Fünfziger- und Sechzigerjahren, wie „Der Hund von Baskerville“; vor allem aber als unübertrefflich aristokratischer, düster erregender (und erregter) Dracula, in Terence Fischers legendärem „Dracula“-Film von 1958, dann in etlichen weiteren.

Aber weg von Dracula – aus Respekt vor dem Toten, der später so sehr von dieser Rollenschublade fortstrebte. Gruselige Bösewichte spielte Lee freilich noch viele, etwa in dem auf einer einsamen schottischen Insel spielenden Horrorfilm „The Wicker Man“ von 1973 (der den Schauspieler Nicholas Cage Jahrzehnte später so beeindruckte, dass er ein Remake produzierte, mit sich selbst in der Hauptrolle). Der Bond-Erfinder Ian Fleming war Lees Cousin und schlug diesen sogar als Bond oder Dr. No für Verfilmungen vor. Immerhin wurde Lee schließlich Bonds Gegenspieler Scaramanga in „Der Mann mit dem goldenen Colt“.

Auch als Edgar-Wallace-Polizist war Christopher Lee im Einsatz, sein Spezialgebiet aber war doch die Düsternis des Irrationalen, des diffus Bedrohlichen. Vielleicht bündelte er damit ja, wie manche meinten, die Ängste einer vom Kalten Krieg schreckensstarren Generation.

Wenn Fans zu ihm sagten, sie hätten alle seine Filme gesehen, erwiderte er gern: „Haben Sie nicht.“ (Das hatte er nicht einmal selbst.) Viele Regisseure, die den schon betagten, aber immer noch umworbenen Star in ihre Filme baten, hatten ihn von Jugend auf verehrt, wie Tim Burton, George Lucas (der ihn in „Star Wars – Angriff der Klonkrieger“ spielen ließ) oder Fantasy-Meister Peter Jackson. Außerdem wussten sie alle: Wo Christopher Lee draufsteht, kommt Geld herein, auch wenn er einen Stock braucht (der ihm als steifem Zauberer Saruman in den „Herr der Ringe“- und „Hobbit“-Filmen übrigens wunderbar zu Gesicht steht).

Seine Leibrolle: Der Gründer Pakistans

Jene Filmrolle freilich, auf die Christopher Lee am meisten stolz war, ist hierzulande kaum bekannt. Im biografischen Epos „Jinnah“ von 1998 spielte er den Gründer Pakistans, Mohammed Ali Jinnah, einen Gegenspieler von Mahatma Gandhi. Vielleicht bringen die Lee-Nachrufe seine Darstellung des pakistanischen Politikers doch noch zu spätem Ruhm. Sie gelangte nie in die westlichen Kinos; für Lee selbst war sie aber die weitaus beste seiner ganzen Karriere.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 12.06.2015)

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