"Ted 2": Ein Grazer spricht den geilen Bären

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In „Ted 2“ muss das Stofftier um seinen Status als Person kämpfen. Eine anständig unanständige Sketch-Parade - mit Österreich-Synchronisation.

Es ist eine schöne Nebenerscheinung dieser deutlich tiefergelegten Komödie, dass man sich irgendwann ernsthaft die Frage stellt: Kann ein sprechender Stoffbär vor dem Gesetz als Mensch gelten? Die Antwort kann nur Ja lauten, selbst wenn man weiß, dass Ted, rein stofflich, aus einem Mischgewebe aus Baumwolle und Polyester besteht. Ein US-Gericht sieht das anders und erkennt dem Bären mit Hang zu Rauschmitteln seinen Personenstatus ab. Worauf Ted gemeinsam mit seinem besten Freund Johnny (Mark Wahlberg) und der engagierten Anwältin Samantha (Amanda Seyfried) alles versucht, um zu beweisen, wie menschlich er wirklich ist . . .

Regisseur Seth MacFarlane, der den Ted im Original auch spricht, ist ein talentierter Satiriker: Das hat er mit der anarchischen Animationsserie „Family Guy“ bewiesen, in der er aus dem Leben einer komplett dysfunktionalen uramerikanischen Familie erzählt. Die lange Form liegt ihm weniger: Sein Erfolgsfilm „Ted“ litt darunter, dass er keine Balance zwischen hyperreferenziellem Pop-Pastiche und solide erzählter Geschichte fand. Das Ergebnis war eine amüsante Sketch-Parade mit Spielfilmkomplex. In der Fortsetzung ist die tonale Verstimmung noch deutlicher spürbar: Denn MacFarlane lässt keine Zweifel daran, dass er Teds Odyssee in Richtung Menschenstatus auch als politische Allegorie auf Ungleichbehandlungen aller Art gelesen haben möchte. Das ist zwar anständig, aber auch schwer vermittelbar, da zwischen Musical-Nummern, Kifferhumor und körpersaftigen Schmähs eingezwickt.

Man wird mit Schmähs beschossen

In „Ted 2“ fallen die Wirklichkeit und die Parodie der Wirklichkeit ohne Markierungsstreifen oder Leitlinien ineinander: Wenn Liam Neeson im Supermarkt Kinder-Cerealien kauft und darüber in seinem Actionheld-Timbre schwadroniert, dann hat das für den Film, in dem man gerade sitzt, keinerlei Relevanz. Und wenn Ted und Johnny in das Haus von Football-Ikone Tom Brady einbrechen, um ihm in der Nacht klammheimlich einen Samenerguss zu verschaffen und sich mit seinem Sperma aus dem Staub zu machen, dann hätte das so oder so ähnlich auch in „Family Guy“ vorkommen können. Fast fühlt man sich wie der bemitleidenswerte Jogger, den die selbst ernannten Donner-Buddies vom Hausdach aus mit Äpfeln bewerfen: In „Ted 2“ wird man unablässig mit Schmähs beschossen. Einige bleiben picken, andere nicht. Vor allem aber verliert man darüber die eigentliche Geschichte aus den Augen. In seiner Referenzraserei und Witzwütigkeit sabotiert sich dieser grundsympathische Film selbst. „In Amerika ist wirklich jeder Scheiß möglich“, heißt es einmal. Vor allem, wenn er Geld einspielt, möchte man anfügen.

Dennoch: „Ted 2“ funktioniert, und das liegt vor allem an seinen Darstellern. Mark Wahlberg ist als gut abgehangener Einfaltspinsel ideal besetzt, und Amanda Seyfried raucht mit ihrer Bong in Phallusform die vielen langweiligen Rollen ihrer bisherigen Karriere weg. In Österreich kommt man, wenn man will, übrigens in den Genuss einer idiomatisch aufgerüsteten Synchronfassung: Ted darf dann mit der Stimme des Grazers Stefan Puntigam auf Österreichisch fluchen, während alle anderen im breiten Bundesdeutsch parlieren. Der Effekt ist irritierend bis amüsant, letztlich aber nur eine weitere Marketing-Masche. Um im Tonfall des Films zu bleiben: In Österreich ist wirklich jeder Scheiß möglich, Oida!

("Die Presse", Print-Ausgabe, 26.06.2015)

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