Das Charisma des Jack Unterweger

(c) Thimfilm
  • Drucken

Dieter Pochlatko produzierte drei Filme über den „Häfenliteraten“, der neueste – eine Annäherung über seine Frauen – kommt im September ins Kino.

Jack Unterweger und die Frauen – eine unheimliche Symbiose. In knapp zwei Jahren Freiheit nach seiner Entlassung aus dem Gefängnis Stein 1990 verfielen viele dem Charme des „Häfenliteraten“. Der „böse Bube“ hatte als verurteilter Frauenmörder eine außergewöhnliche Anziehungskraft auf das weibliche Geschlecht, sagen ehemalige Begleiterinnen. Regisseurin Elisabeth Scharang hat sich in ihrem Film „Jack“, der bei den Filmfestspielen in Locarno seine Weltpremiere feierte und am 11. September ins Kino kommt, auf genau diesen Aspekt konzentriert. „Ein geschickter Schachzug“, meint Dieter Pochlatko, Produzent des Streifens, der Unterweger mehrmals im Gefängnis besuchte – und der auch nach dessen Entlassung Kontakt zu ihm hatte. Die Drehbuchentwicklung habe sich sehr schwierig gestaltet, die Annäherung über seine Frauen schließlich den Durchbruch markiert.

„Jack“ ist nach „Fegefeuer oder die Reise ins Zuchthaus“ (1988) und „Der Tag, an dem sie Jack Unterweger fingen“ (1992) bereits der dritte Film über Unterweger, den Pochlatko produziert. Ein weiteres, gemeinsam konzipiertes Projekt – ein Remake des ersten Films, das auf Wunsch Unterwegers „härter und realistischer“ werden sollte – scheiterte an der Finanzierung. „Wir hatten bereits um eine Projektentwicklung beim Österreichischen Filminstitut angesucht, bekamen aber keine Förderung“, erzählt der 71-Jährige. „Rückblickend bin ich ganz froh, dass nichts daraus wurde, denn ganz geheuer war mir Unterweger nie.“ Ob er die ihm vorgeworfenen Morde an neun Frauen begangen hat, könne Pochlatko dennoch nicht sagen. Es habe sich um einen reinen Indizienprozess mit vielen Widersprüchen gehandelt. Dass er beispielsweise mit den Morden in Los Angeles nichts zu tun gehabt habe, sei mittlerweile ein Faktum. Auch die DNS-Spuren seien kein Beweis. „Und im Zweifel heißt es immer noch für den Angeklagten“, betont Pochlatko. „Darum geht es auch im Wesentlichen in unserem Film, um Schuld und Sühne. Und um eine mediale Vorverurteilung. Ich hoffe, dass wir das Publikum in diesem Punkt zum Nachdenken anregen können.“ Unterwegers Suizid erklärt er sich mit einer „totalen Ausweglosigkeit und Verzweiflung“, nachdem das Gericht seiner Argumentation – er hatte sich selbst verteidigt – nicht gefolgt sei.

Kommerzieller Erfolg erwartet

Nach der erfolgreichen Weltpremiere in Locarno und der Zusage für das Filmfestival in Toronto im September rechnet Pochlatko nun auch mit einem kommerziellen Erfolg des Films in Österreich. „40.000 Besucher halte ich für realistisch. Viele haben die Berichterstattung über die Flucht und den Prozess Unterwegers hautnah mitbekommen, von ihm geht nach wie vor eine große Faszination aus“, sagt Pochlatko und erinnert sich an eine Anekdote aus der Zeit während Unterwegers Flucht. „Ich wohnte mit meiner Familie in Graz, und wir waren überzeugt davon, dass er sich in Graz versteckte“, erzählt Pochlatko. „Und weil ich gerade beruflich im Ausland war, sah meine Frau keinen anderen Ausweg, als mit den Kindern zu ihren Eltern zu flüchten. So sehr hatte sie Angst vor ihm.“

Zur Person

Produzent. Dieter Pochlatko wurde 1943 in Graz geboren und ist Gründer sowie geschäftsführender Gesellschafter der Produktionsfirma Epo Film. „Jack“ von Regisseurin Elisabeth Scharang ist nach „Fegefeuer oder die Reise ins Zuchthaus“ (1988) und „Der Tag, an dem sie Jack Unterweger fingen“ (1992) bereits sein dritter Film über Unterweger. Ein gemeinsames Projekt scheiterte einst an der Finanzierung, worüber Pochlatko im Rückblick „ganz froh“ ist.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 18.08.2015)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.