Robert De Niro im Hip-Paradies

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"Man lernt nie aus" von Nancy Meyers ist voraussehbar wie alle ihre romantischen Komödien. Die Moral des Films: Auch Erfolgsfrauen sind nicht gern allein.

Die US-Regisseurin Nancy Meyers ist auf romantische Komödien spezialisiert, die scheinbar auf Konventionen pfeifen, um am Ende doch alte Klischees zu bedienen. Ein Auszug aus ihrer Filmografie: Ein Mann kann nach einem Stromschlag die Gedanken der Frauen lesen („Was Frauen wollen“), eine reife Dame muss sich zwischen jungem Lover und altem Womanizer entscheiden („Was das Herz begehrt“), eine andere reife Dame muss sich zwischen ihrem Ex-Mann und ihrem Architekten entscheiden („Wenn Liebe so einfach wäre“). Meist helfen dabei gute Schauspieler über maue Drehbücher hinweg. Originalität ist keine Eigenschaft, die Meyers nachgesagt wird.

In „Man lernt nie aus“ versucht sie es zumindest. Wieder helfen ihr dabei hochkarätige Mimen: Robert De Niro spielt Ben Whittaker: Witwer, Pensionist und auf der Suche nach einer Beschäftigung. Er hat es mit Mandarin-Kursen, Golf und Weltreisen probiert und fand keine Erfüllung. Gut, dass eine junge, erfolgreiche Online-Modemarke – geführt von der ehrgeizigen Jules Ostin (Anne Hathaway) – Senioren als Praktikanten anheuert. Warum eine Hipster-Shopping-Seite im Netz im Rahmen ihres „Outreach-Programms“ ausgerechnet Senioren ansprechen will, wird nicht erklärt. Egal. Irgendwie musste schließlich ein Plot gefunden werden, der die überforderte Unternehmerin und den unterforderten Pensionisten zusammenbringt.

Und so steigt er ein in die schöne, neue Start-up-Welt. Es ist wahnsinnig hip hier: ein umgebautes Fabriksgebäude in Brooklyn, jeden Tag gibt es Kaffee aus Pappbechern, alle sind superschön und superhappy. Jules bewegt sich im Büro per Fahrrad (mit Halter für die Kaffeepappbecher!) fort. Ben hingegen ist ein Herr der alten Schule, legt sich jeden Abend den Anzug für den nächsten Tag raus und stellt zwei analoge Wecker. Dieser Kontrast zwischen den Generationen wird zur Leitlinie des Films, der vorhersehbarer kaum sein könnte: Jules, mit Berufsstress und Ehekrise beschäftigt, ist von der Idee, einen 70-jährigen Praktikanten im Schlepptau zu haben, nicht begeistert. Doch Ben erweist sich als sanftmütiger, väterlicher Berater, der Jules' rastlosem Innovationsgeist Besonnenheit und Altersweisheit entgegensetzt.

Der arme Ehemann muss aufs Schulfest

Hathaway fügt sich der Rolle der neurotischen Erfolgsfrau mit Leichtigkeit, De Niro wirkt sichtlich unterfordert in der Rolle des Pensionisten, dessen Charakter vor allem dadurch definiert ist, dass er Lebenserfahrung hat. In kurzweiligen, zeitweise durchaus vergnüglichen zwei Stunden entsteht zwischen den beiden eine Freundschaft. Sie lernt, wo sie beruflich und privat hinwill, er findet einen Ausweg aus der Langeweile im Alter und verliebt sich wieder – wie kann es auch anders sein? Dazwischen, und das ist viel interessanter, porträtiert der Film aber das Familienleben einer Frau, die sich die Karriere zur Priorität erhoben hat: Da gibt es den Ehemann, der seinen Marketing-Job an den Nagel gehängt hat, um die kleine Tochter zu Schulfesten zu begleiten, und der dabei an seiner Männlichkeit zu zweifeln beginnt. Und es gibt die von Jules' Erfolg irritierten Frauen in der Nachbarschaft. Sie zeigen: Es ist noch immer alles andere als selbstverständlich, dass eine Frau das Geld nach Hause bringt, und der wohl aus Neid genährte Generalverdacht, dass erfolgreiche Mütter schlechte Mütter sein müssen, geistert noch immer umher.

Am Ende – ob der Vorhersehbarkeit des Filmes ist das wohl kein Spoiler – sind alle Beziehungskrisen beseitigt, jeder Topf hat (wieder) seinen Deckel, denn, so die Botschaft: Auch Erfolgsfrauen sind ohne ihre bessere Hälfte nur halbe Frauen. Wie war das noch einmal mit den alten Klischees?

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.09.2015)

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