"The Martian": Ein Optimist auf dem Mars

(c) 2015 Twentieth Century Fox
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In "Der Marsianer - Rettet Mark Watney" gibt Matt Damon einen Botaniker, der von der Nasa-Crew allein auf dem Roten Planeten zurückgelassen wird. Zum Glück ist er pragmatisch, zielorientiert und kennt die nötigen wissenschaftlichen Tricks.

Der Weltraum ist kleiner geworden. Gut betuchte Privatpersonen machen Stippvisiten auf der internationalen Raumstation ISS, seriöse Forschungsanstalten diskutieren die Errichtung von Mondkolonien, 2030 will die Nasa laut offizieller Homepage die ersten bemannten Marsflüge absolvieren. Es verwundert also nicht, dass Ridley Scotts Adaption von Andy Weirs Debütroman „Der Marsianer“ wie die Verfilmung einer wahren Begebenheit wirkt. Zu Zeiten von Stanley Kubricks „2001“ war das Sci-Fi-Genre Heimat metaphysischer Meditationen, hier geht es ganz bodenständig zu: Vernunft, Verstand und Erfindungsgabe, mehr braucht der Mensch von morgen nicht zum (Über-)Leben.

Strenges Survival-Programm

Es beginnt mit einem ganz normalen Arbeitstag auf dem Roten Planeten in nicht allzu ferner Zukunft, Nasa-Astronauten albern herum und führen Messungen durch. Ein Sandsturm zwingt sie zum Abflug, doch der Botaniker Mark Watney (ideal besetzt: Matt Damon) wird von einer losen Antenne fortgerissen, tot geglaubt und zurückgelassen. Zum Glück hat der Mann ein Talent für fortgeschrittene Selbsthilfe: Nachdem er sich zum Stützpunkt zurückgeschleppt hat, operiert er sich eigenhändig ein Metallstück aus dem Leib. Kontakt zur Erde scheint unmöglich, aber Verzweiflung ist Watneys Sache nicht – als Wissenschaftler glaubt er fest daran, dass es für jedes Problem eine Lösung gibt.

Also wird kräftig in die Hände gespuckt und ein strenges Survival-Programm in Angriff genommen. Watney ist Robinson Crusoe als Projektmanager: Systematisch erfasst er, was an Hilfsmitteln verfügbar ist und wie diese optimal genutzt werden können, um sich „mit Wissenschaft aus der Scheiße zu ziehen“, wie er seinem Video-Logbuch anvertraut. Kartoffeln aus dem Proviant seiner Teamkameraden lassen sich (mit Kot als Dünger) anpflanzen und kultivieren, aus Treibstoff wird Sauerstoff, Chemie sei Dank. Rückschläge sind kein Malheur: Dass er sich bei einem Experiment fast in die Luft sprengt, nimmt der Gestrandete mit Humor.

Man merkt schon: „Der Marsianer“ hat kein Interesse an der Vermittlung existenzieller Nöte. Es ist ein beschwingter, optimistischer und zielorientierter Film, der Misslichkeiten als extremen Eignungstest inszeniert. Angst vor dem Schlimmsten oder ein Gefühl von Leere kommt allein schon deshalb nicht auf, weil die von Damon als sympathischer Macher angelegte Hauptfigur konstant Videobotschaften aufnimmt, die sich wie YouTube-Vlogs voller Fachjargon an den Zuschauer wenden und seinen Fortschritt dokumentieren. Im Gegensatz zum Protagonisten des Abenteuerfilms „Robinson Crusoe on Mars“ (1964) braucht der Botaniker nicht einmal ein Äffchen als seelische Stütze, die eineinhalb Jahre Erzählzeit scheinen nahezu spurlos an ihm vorüberzugehen.

Plädoyer für Teamwork

Als die Nasa über Satellitenbilder von Watneys Überleben erfährt, wird das Geschehen auf dem Mars mit Szenen in Washington ergänzt, wo der Chef der Raumfahrtbehörde (Jeff Daniels als hartgesottener Pragmatiker) versucht, ein PR-Desaster abzuwenden, während seine Mitarbeiter (darunter Kristen Wiig und Chiwetel Ejiofor) an einem Rettungsplan werkeln. Überhaupt ist „Der Marsianer“ nicht zuletzt ein Nasa-Imagefilm, der in enger Zusammenarbeit mit der Institution entstand. Diese beriet die Filmemacher bei Ausstattung und Produktionsdesign, beide überzeugen mit einer Fülle an glaubhaften Details.

Gegen Ende entwickelt sich die Geschichte zu einem Plädoyer für (globales) Teamwork intelligenter Menschen und gleich gesinnter Organisationen, deren No-Nonsense-Attitüde stellenweise aufbrandendes Pathos untergräbt. Nach erfolgreicher Kontaktaufnahme wird Watney zum Medienhelden, und sogar China kann für seine Sache eingespannt werden. Der Wettlauf gegen die Zeit kulminiert in einer Spannungssequenz, die den unermüdlichen Einfallsreichtum des Astronauten ein letztes Mal fordert – wobei der entscheidende Kniff in seiner Einfachheit den rationalistischen Gestus des Films gut auf den Punkt bringt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 08.10.2015)

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