Im Kanal, im Bunker: Menschen am Rande der US-Gesellschaft

File photo of a view of the Strip boulevard in Las Vegas, Nevada
File photo of a view of the Strip boulevard in Las Vegas, Nevada(c) REUTERS (© Charles Platiau / Reuters)
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Der Film „Above And Below“ porträtiert fünf Außenseiter.

Im Tunnel ist es dunkel und feucht. Man muss sich vor giftigen Spinnen hüten, und Lalo hat hier sogar schon ein Gespenst gesehen. Trotzdem nennt er diesen Ort sein Zuhause, wie viele andere auch. Das weitverzweigte Flutkanalsystem von Las Vegas bietet jenen Unterschlupf, die von der US-Gesellschaft ausgespuckt wurden. „Du hast erst gelebt, wenn du hier unten gelebt hast“, sagt Lalo: „Hier ist die Realität. Der Spielplatz über uns ist bloß eine Traumwelt.“

„Above And Below“, das dokumentarische Langfilmdebüt des Schweizer Regisseurs Nicolas Steiner, wirft einen unvoreingenommenen Blick auf harsche Wirklichkeiten. Neben Lalo zeigt es vier weitere Menschen: Rick und Cindy, die sich im Untergrund ein trautes Heim eingerichtet haben, so gut es eben geht, mit Fundstücken als Hausrat. Wenn es regnet, retten sie, was sie tragen können, dann beginnt der Wiederaufbau. Dave haust in einem aufgelassenen Militärbunker mitten in der kalifornischen Ödnis. Das Leben hat ihn aus der Bahn geworfen, er will wieder zurück. Und April, Veteranin des Irak-Kriegs, sehnt sich ganz weit fort, am liebsten auf den Mars. Mit Gleichgesinnten trainiert sie in der Steinwüste Utahs.

Steiner verwebt Impressionen dieser Existenzen assoziativ, fragt damit, wie und ob ein (würdiges) Dasein im Abseits denkbar ist. Er lässt seinen Figuren viel Raum, lässt sie frei reden. Breitwandaufnahmen von Wüstenlandschaften und die Musik von Paradox Paradise verleihen dem Film eine schwelgerische Note, ohne zu romantisieren. Schade nur, dass es dem Episodengefüge an Stringenz fehlt – der Bezug zwischen den „Mars“-Passagen und dem Rest bleibt rein konzeptuell. (arn)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.04.2016)

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