„Warcraft: The Beginning“: Wie der Hammer eines Orks

Universal Pictures
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Die 3-D–Fantasy-Action „Warcraft: The Beginning“ soll Auftakt einer Reihe sein – sofern sie an den Kinokassen erfolgreich ist. Sie basiert auf dem beliebten Computerspiel.

Mit einführenden Worten hält sich „Warcraft: The Beginning“ nicht auf. Es gibt weder einen Text, der über die Leinwand rollt wie in „Star Wars“, noch einen Erzähler, der dem Zuseher die Welt des Fantasy-Films erklärt. Stattdessen schwillt eine Filmmusik an, die an den imperialen Marsch aus „Star Wars“ erinnert. Komponiert wurde sie von Ramin Djawadi, von dem auch die Titelmelodie von „Game of Thrones“ stammt. Achtung, da kommt etwas mit voller Wucht, sagt die Musik – und das tut es auch. Der Zuseher wird zu den Orks, riesenhaften Muskelpaketen mit Reißzähnen im Unterkiefer, katapultiert.

Weil ihr Land verödet, öffnet der Hexenmeister Gul'dan (Daniel Wu) mit dunkler Magie ein Portal ins mittelalterliche Reich Azeroth, wo Menschen und menschenähnliche Völker (Elfen, Zwerge) friedlich miteinander leben. Durch das Portal schickt der Magier eine Vorhut Krieger, die das Land erobern sollen, unter ihnen sind der Ork-Häuptling Durotan (Toby Kebbell) und die Halb-Orkin Garona (Paula Patton).

Aber „Warcraft“ handelt auch von den Opfern des brutalen Kolonialisierungsversuchs, den Menschen. An der Spitze des Widerstands gegen die Ork-Invasion stehen König Llane Wrynn (Dominic Cooper), Königin Taria (Ruth Negga) sowie der Zauberer Medivh (Ben Foster), der das Reich beschützt – ebenso wie der Ritter Anduin Lothar (Travis Fimmel aus „Vikings“). Und dann ist da noch der junge Magier Khadgar (Ben Schnetzer), der einer Verschwörung auf der Spur ist. Man braucht eine gute halbe Stunde, um sich in diesem Dickicht von Figuren und Orten zu orientieren – es sei denn, man kennt das dazugehörige Videospiel: Der Film basiert auf „Warcraft – Orcs & Humans“ des Computerspielentwicklers Blizzard Entertainment. Zum „Warcraft“-Franchise zählt auch das bisher weltweit erfolgreichste Onlinerollenspiel, „World of Warcraft“. Zur Blütezeit 2010 spielten bis zu zwölf Millionen Menschen mit – und zahlten monatlich eine Gebühr. Die Popularität hat inzwischen nachgelassen, im November 2015 hatte das Spiel nur noch 5,5 Millionen Abonnenten.

Lockere Handlungsfäden

Längst ist „Warcraft“ zum fiktiven Universum angewachsen. Auch Romane und Comics um das Fantasy-Reich, in dem das Computerspiel angesiedelt ist, sind bereits erschienen. Die Storyfäden der einzelnen Spiele hält Chris Metzen zusammen, insgesamt ist „Warcraft“ aber elastischer als Romanvorlagen für Fantasy-Verfilmungen wie „Herr der Ringe“ oder „Game of Thrones“. Allein geografisch wurde die Welt von „Warcraft“ seit dem Erscheinen des ersten Spiels 1994 deutlich verändert. Es kamen neue Reiche dazu und kleine Inseln wuchsen zu Kontinenten.

Vielleicht liegt es an dieser Vielfalt der Möglichkeiten, am Fehlen einer Kerngeschichte, eines sogenannten Kanons, dass es mehr als zehn Jahre brauchte, um den geplanten Film auf die Leinwand zu hieven. „Warcraft: The Beginning“ kommen nun zwei Aufgaben zu, die schwer vereinbar sind: Erstens soll er die Erwartungen der Fans treffen, und zweitens neue (zahlende) Kunden in die Computerspielwelt locken. Letzteres dürfte Regisseur Duncan Jones, der bisher erst zwei, wenn auch gelungene Filme gedreht hat („Moon“ und „Source Code“), weniger gelingen. Für ihn ist der Film, dessen Produktionskosten im dreistelligen Millionenbereich liegen dürften, eine Herzensangelegenheit: Er ist selbst passionierter Spieler, es lässt sich an der Detailverliebtheit ablesen.

Jones, der Sohn von David Bowie, hatte das Projekt übernommen, nachdem „Spider-Man“-Regisseur Sam Raimi gescheitert war. Gemeinsam mit Charles Leavitt schrieb Jones auch das Drehbuch. Der Film verschleiert nicht, dass große Teile am Computer entstanden sind – die visuellen CGI-Effekte sind trotz der Künstlichkeit imposant. Mehrfach verweist er optisch auf die Ursprünge als Videospiel: Einmal schwebt die Kamera wie ein Vogel hoch über Dörfern, die gerade geplündert wurden oder werden – im Spiel könnte man reinklicken und Truppen schicken, um die Zerstörung aufzuhalten. Immer wieder nähert sich die Kamera der Egoperspektive der Figuren, vor allem dem Clan-Führer Durotan, der vielleicht liebenswertesten Figur.

Insgesamt ist das wuchtige 3-D-Spektakel ein gespaltenes Vergnügen. Die US-Kritik hat den 123-Minuten-Streifen großteils verrissen. Das ist nachvollziehbar, Figuren bleiben flach, Handlungsstränge unausgegoren. Als Fantasy-Fan geht man trotzdem geplättet und fasziniert aus „Warcraft“. Wäre der Film eine Fernsehserie, würde man sich sofort die nächste Folge ansehen wollen. „Warcraft“ selbst kalkuliert mit einer Fortsetzung, immerhin lautet der Untertitel selbstbewusst „The Beginning“. Sofern die Kasse stimmt – und mit zwölf Millionen (einst) zahlenden „Warcraft“-Spielern sollte dies gelingen –, kommt diese bestimmt. Im Kino.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.05.2016)

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