Oscar: Deutschland nominiert Haneke

(c) AP (Lionel Cironneau)
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Michael Hanekes Cannes-Sieger „Das weiße Band“ ist deutscher Oscar-Kandidat. Österreich muss wohl einen anderen Film wählen.

Mit Betroffenheit nimmt man in Österreichs Filmwelt zur Kenntnis, dass das Historiendrama Das weiße Band des Österreichers Michael Haneke als deutscher Kandidat für den Auslands-Oscar nominiert worden ist. Hanekes Film gewann diesen Mai die Goldene Palme der Filmfestspiele Cannes und wurde als österreichische Einreichung für den besten fremdsprachigen Film favorisiert. Diese Entscheidung wird bei einer Jurysitzung am 1. September gefällt: Das weiße Band ist dabei aber wohl aus dem Rennen.

Werner Müller, Geschäftsführer des heimischen Fachverbands der Audiovisions- und Filmindustrie, kritisierte die „schwammigen Regelungen“ der Academy for Motion Pictures Art and Science, die den wichtigsten Filmpreis vergibt. Das betrifft besonders Koproduktionen wie Hanekes Film – der Austro-Auslands-Oscar-Sieger von 2007, Die Fälscher, hätte etwa formal ebenso gut von Deutschland eingereicht werden können. Die Oscar-Kategorie für den fremdsprachigen Film ist in den letzten Jahren öfters als überholt kritisiert worden, und die dehnbaren Kriterien sind ebenso ein Grund wie die künstlerisch rückständige Auswahl.

Nominierung: Taktische Gründe?

Bei Das weiße Band werde man sich aber ans Prinzip „First come, first serve“ halten, so Müller. Er glaube nicht, „dass wir einen Streit um die Nationalität des Films mit Deutschland anfangen werden“. Und die Nominierung für die Jurysitzung nächste Woche wurde vom Produzenten zurückgezogen, es stehe aber noch immer „ein starkes Feld zur Wahl“.

Martin Schweighofer von der Austrian Film Commission verhehlte seine Enttäuschung nicht: „Das weiße Band ist sicherlich ein sehr österreichischer Film, wenn auch nicht von der Finanzierung, das wäre von hier nie zu leisten gewesen.“ Schweighofer vermutet auch taktische Gründe: Sicher gegeben sei „der Gedanke – um es vorsichtig zu sagen –, dass die Chancen größer sind, wenn Deutschland einreicht“. Auch gehe der Auslands-Oscar an den Regisseur, nicht an den Produzenten wie beim Oscar für den besten Film: „Es gibt offensichtlich ein starkes Interesse von Haneke.“ Einen anderen Preis hat der Regisseur indes schon wieder sicher: Eben wählte die internationale Filmkritik Das weiße Band zum „Besten Film des Jahres“. hub

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.08.2009)

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