Matt Damon: "Trainieren ist nicht meins"

Eigentlich wollte Matt Damon nicht noch einmal in die Rolle von Jason Bourne schlüpfen. Weil es das Publikum wollte, kehrt er nun jedoch zurück.
Eigentlich wollte Matt Damon nicht noch einmal in die Rolle von Jason Bourne schlüpfen. Weil es das Publikum wollte, kehrt er nun jedoch zurück. Reuters
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Geheimagent Jason Bourne ist mit dem gleichnamigen Film wieder im Kino. Darsteller Matt Damon erzählt im Interview, wie schwer es ihm fiel, wieder das Äußere des Actionhelden anzunehmen, und wie gern er – wie Vorbild Clint Eastwood – hinter die Kamera wechseln würde.

14Jahre ist es her, dass Matt Damon für „Die Bourne Identität“ erstmals in die Rolle des Geheimagenten mit den Gedächtnislücken schlüpfte und das Actionkino revolutionierte. Nun kehrt der inzwischen 45-Jährige für „Jason Bourne“ in die Rolle zurück, die er eigentlich schon an den Nagel gehängt hatte – und stand uns leicht ergraut, aber gut gelaunt Rede und Antwort.

Mr. Damon, haben wir das damals nach dem dritten „Bourne“-Film 2007 falsch verstanden? Eigentlich wollten Sie diese Geheimagentenrolle doch hinter sich lassen.

Matt Damon: Zumindest vorübergehend. Aber ich habe den Abschied von Bourne nie zwingend als endgültig verstanden. Auch mit Regisseur Paul Greengrass habe ich immer wieder einmal darüber gesprochen. Allerdings waren wir skeptisch, ob uns noch einmal eine Geschichte einfällt, die es sich zu erzählen lohnt.

Zwischenzeitlich war dann ja Ihr Kollege Jeremy Renner in „Das Bourne Vermächtnis“ zu sehen. War das kein Problem?

Überhaupt nicht. Das produzierende Studio musste einen weiteren „Bourne“-Film in die Kinos bringen, sonst hätte es die Rechte an den Romanen von Robert Ludlum verloren. Paul und ich konnten damals keinen drehen, also behalfen sie sich anders. Das war ja auch kein Ersatz für unseren Jason Bourne, sondern lediglich eine weitere Geschichte aus der gleichen Geheimdienstwelt. Da gibt es schließlich noch andere Figuren, von denen man erzählen kann. Doch je mehr Zeit verstrich, desto häufiger kamen die Nachfragen, ob wir es nicht doch noch einmal versuchen wollen.

Sie erfüllen mit „Jason Bourne“ nun also die Wünsche der Zuschauer?

Ich habe „Jason Bourne“ auf jeden Fall für das Publikum gedreht. Denn in meiner Karriere stand ich schon für so viele Filme vor der Kamera, die am Ende quasi keiner gesehen hat, dass ich es sehr zu schätzen weiß, wenn die Fans geradezu einen Film einfordern. Das ist ebenso selten wie wundervoll. Und ich finde nichts verwerflich daran, einen Film vor allem deswegen zu drehen, weil er den Leuten Spaß machen soll.

Wobei doch auch in diesem Film – genau wie in den früheren „Bourne“-Abenteuern – auch wieder einiges an Politik steckt.

Dieser Aspekt war uns in der Tat immer wichtig, und sicherlich hat es auch deswegen eine ganze Weile gedauert, bis wir wieder eine passende Geschichte hatten. Die ersten drei Filme spielten ja letztlich noch in einer vollkommen anderen Zeit: Das war die Welt direkt nach dem 11. September, es ging um das Amerika von George W. Bush und den „war on terror“. Auch nun geht es uns wieder darum, die Realität abzubilden, auch wenn wir natürlich eine fiktive, leicht überhöhte Version davon zeigen. Deswegen beginnt „Jason Bourne“ an der griechisch-mazedonischen Grenze, die von so vielen Flüchtenden überquert wird. Und deswegen zeigen wir Proteste in Athen. Über allem schwebt dabei die Frage von Privatsphäre und Datenschutz auf der einen und globaler Sicherheit auf der anderen Seite. Das ist schließlich die ganz große Debatte unserer Zeit.

Nutzen Sie denn noch ein ganz normales E-Mail-Programm, oder haben Sie auch Angst, gehackt zu werden?

Nein, ich schreibe natürlich auch nach den Enthüllungen von Snowden und Co. weiterhin E-Mails. Aber ich fürchte, dass darin nur ziemlich langweiliges Zeug steht. Sollte also jemand mitlesen, dürfte er relativ enttäuscht und gelangweilt sein.

Der technische Fortschritt der letzten Jahre ist Ihnen also nicht ausschließlich suspekt?

Mein Smartphone hat mich genauso sehr im Griff wie scheinbar alle anderen Menschen auch. Ich habe es ständig bei mir – und irgendwie hängt mehr oder weniger mein ganzes Leben daran. Ich brauche es für meinen Arbeitsalltag genauso wie um mit meinen Kindern in Kontakt zu bleiben, wenn ich nicht zu Hause bin. Das will ich nicht missen, aller Diskussion über die Privatsphäre zum Trotz. Nur von Social Media halte ich mich fern. Auf Twitter oder Facebook sucht man mich deswegen bis heute vergeblich.

Sie klingen nicht wie ein Schwarzmaler.

Das bin ich auch nicht. Eigentlich würde ich mich als Optimisten bezeichnen. Gerade wenn es darum geht, was uns als Menschheit erwartet. In den letzten paar hundert Jahren hat sich die Lebensqualität der Menschen ja immer weiter gesteigert, und ich setze darauf, dass neue Technologien diesen Trend noch weiter fortsetzen. Aber natürlich habe ich keine Ahnung. Genauso gut kann es auch sein, dass unsere Zukunft die reinste Hölle wird.

Woher kommt die positive Einstellung?

Natürlich bleibt mir nicht verborgen, dass es mehr als genug gute Gründe gibt, pessimistisch in die Zukunft zu blicken. Immer kleinere Gruppen von Menschen können immer größeren Schaden anrichten. Dank der modernen Technik braucht man bekanntlich kein riesiges Heer mehr, um Kriege zu gewinnen. Aber ich bin einfach von Natur aus ein hoffnungsvoller Mensch, daran können auch die Vernunft und schlechte Erfahrungen nichts ändern.

Mit vier Töchtern zu Hause kann man sich vermutlich gar nicht erlauben, Trübsal zu blasen, oder?

Bevor meine Frau und ich unsere Familie gegründet haben, habe ich darüber nachgedacht, ob ich Kinder in diese Welt setzen will. Letztlich habe ich mich dafür entschieden. Denn ich bin überzeugt davon, dass es uns gelingen wird, ihnen eine positive Zukunft zu bieten. Und es gibt auch genug Erhebungen darüber, dass sich unsere Gesellschaft in die richtige Richtung entwickelt.

Blicken Sie so positiv auch auf das Alter? Die körperlichen Anforderungen in „Jason Bourne“ fielen Ihnen sicherlich nicht mehr so leicht wie beim ersten Teil.

Was für eine Frage! Natürlich, schließlich war ich damals gerade Anfang 30! Heute bin ich 45 Jahre alt, und selbstverständlich hat mein Körper mit dem Alter zu kämpfen. Wäre ja seltsam, wenn nicht.

Warum tun Sie sich solche Strapazen überhaupt an?

Bei Jason Bourne war einfach klar, dass dieser Mann nach zehn Jahren im Untergrund und auf der Flucht natürlich nicht aussehen kann, als hätte er es sich gutgehen lassen. Authentizität wurde bei den „Bourne“-Filmen schließlich immer großgeschrieben. Also hieß es für mich: runter mit den Pfunden – und ab ins Gym.

Macht Ihnen Sport keinen Spaß?

Jeden Tag trainieren, manchmal sogar zweimal? Das ist normalerweise nicht so meins. Ich fühle mich eigentlich ganz wohl in meiner Haut, ganz gleich, ob ich ein paar Kilo mehr oder weniger drauf habe. Ich war noch nie jemand, der das Fitnessstudio brauchte, um glücklich zu sein.

Und wie motiviert sind Sie, was ganz allgemein Ihren Beruf angeht? Würden Sie nicht manchmal lieber nur zu Hause bei der Familie sein und die Schauspielerei einfach aufgeben?

Ich liebe es, Filme zu machen, das steht außer Frage. Und ich würde wirklich sehr gern bald einmal selbst Regie führen. Nicht zuletzt deswegen kann ich mir durchaus vorstellen, dass irgendwann die Zeit kommt, in der ich nicht mehr die ganze Zeit vor der Kamera stehen will. Mir fällt da immer Clint Eastwood ein, der einmal zu mir sagte: „Ich hatte irgendwann einfach die Schnauze voll, ständig meine eigene Visage zu sehen.“

Clint Eastwood ist also Ihr Vorbild?

Das könnte man vielleicht so sagen. Er spielt ja bis heute auch noch hin und wieder in Filmen mit, doch vor allem inszeniert und produziert er welche. Das gefällt mir. Ich brenne für die Arbeit hinter der Kamera, auf sie könnte ich nie verzichten. Aber was das Spielen angeht, könnte ich mir durchaus vorstellen kürzerzutreten.

Steckbrief

Matt Damon (geb. 8. Oktober 1970) stammt aus Massachusetts. Er ist entfernt mit Freund und Filmpartner Ben Affleck verwandt.

Schon als Jugendlicher betätigte er sich als Schauspieler, brach später ein Studium in Harvard ab, um nach Hollywood zu gehen.

Der Durchbruch gelang ihm mit „Mut zur Wahrheit“ (neben Denzel Washington und Meg Ryan). Viermal war er für den Oscar nominiert, gewonnen hat er ihn 1998 für das Drehbuch von „Good Will Hunting“, in dem er auch die Hauptrolle spielte.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 14.08.2016)

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