„Der letzte Tango in Paris“-Regisseur: „Lächerliches Missverständnis“

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Bernardo Bertolucci wehrt sich gegen den Vorwurf, Maria Schneider sei bei den Dreharbeiten von „Der letzte Tango in Paris“ missbraucht worden. Nur von der Butter habe sie nichts gewusst.

In dem Skandal um die Dreharbeiten zu „Der letzte Tango in Paris“ hat sich nun Regisseur Bernardo Bertolucci zu Wort gemeldet. Er nannte Berichte, wonach die damals 19-jährige Schauspielerin Maria Schneider in der berühmten Vergewaltigungsszene des Films missbraucht worden sei, gegenüber dem Branchenmedium „Variety“ ein „lächerliches Missverständnis.“

In den Berichten geht es um die Dreharbeiten zur berühmten „Butter-Szene“ in dem Film von 1972. In diesem hat er Amerikaner Paul (Marlon Brando) ein Verhältnis mit der jungen Französin Jeanne (Maria Schneider). Die sexuellen Spiele der beiden werden immer abwegiger. In der „Butter-Szene“ überwältigt Paul Jeanne und vergewaltigt sie anal, die Butter benutzt er als Gleitmittel. Jeanne liegt wehrlos auf dem Bauch und weint.

Der Film hatte schon zu seiner Veröffentlichung 1972 für Debatten gesorgt und wurde teilweise verboten. Der aktuelle Skandal war aufgekommen, nachdem ein Video von 2013 verbreitet wurde, in dem Bertolucci zugibt, die Szene so ohne Schneiders Einverständnis gedreht zu haben. Dies wird als Missbrauch der jungen Schauspielerin gewertet.

„Das einzig Neue war die Butter“

Der Regisseur wehrt sich nun dagegen. „Ich möchte – zum letzten Mal – mit diesem lächerlichen Missverständnis aufräumen, das derzeit in Berichten über 'Der letzte Tango in Paris' rund um die Welt zu lesen ist“, sagte der Regisseur nun in einem in Italienisch verfassten Statement. Vor einigen Jahren sei er in der Cinémathèque française nach Details zu dem Dreh der Szene befragt worden. „Ich habe präzisiert – aber vielleicht war ich nicht deutlich genug –, dass ich mit Marlon entschieden habe, Maria nicht zu erzählen, dass wir die Butter benutzen würden“, so der 76-Jährige. „Wir wollten ihre spontane Reaktion auf diese unanständige Verwendung (der Butter, Anm.). Hier liegt das Missverständnis. Manche glauben, Maria wäre nicht von der Gewalt in der Szene informiert gewesen. Das ist falsch.“

„Maria wusste alles, weil sie das Drehbuch gelesen hatte, in dem das alles beschrieben war. Das einzig Neue war die Butter“, füge er hinzu. „Viele Jahre später habe ich herausgefunden, dass Maria dadurch verletzt war. Aber nicht durch die Gewalt, der sie in der Szene ausgesetzt war und die im Drehbuch stand.“

„Damals wusste ich das nicht“

Wo liegt die Grenze zum Missbrauch? Auch im eigenen Empfinden. Weder Brando noch Schneider können ihre Sicht der Dinge schildern, Schneider starb 2011 mit 58 Jahren an Krebs, Brando 2004. Aber Schneider hat sich über die Szene geäußert. 2007 sagte sie der britischen „Daily Mail“: „Ich habe mich vergewaltigt gefühlt“. Ihrer damaligen Aussage zufolge sei sie erst unmittelbar vor dem Dreh der Szene eingeweiht worden. „Ich war so wütend. Ich hätte meinen Agenten oder meinen Anwalt anrufen sollen, damit sie zum Set kommen, weil man jemanden nicht dazu zwingen kann, etwas zu tun, was nicht im Drehbuch steht. Aber damals wusste ich das nicht.“ Brando habe sie nach der Szene weder getröstet, noch habe er sich bei ihr entschuldigt.

Bertolucci dürfte sich vor allem an jenen Berichten und Statements von Schauspielern stoßen, die von einer Vergewaltigung sprechen. Schauspielerin Jessica Chastain twitterte etwa: „An alle Menschen, die diesen Film lieben: Ihr seht eine 19-Jährige, die von einem 48-jährigen Mann vergewaltigt wird. Der Regisseur hat diesen Missbrauch geplant. Das macht mich krank.“

Über den Kopf entschieden

Unbestritten ist aber, dass die beiden wesentlich älteren Männer (Bertolucci war damals 31, Brando 48 Jahre alt) über den Kopf der damals 19-Jährigen entschieden haben.

Schneider brach den Kontakt zu dem Regisseur nach den Dreharbeiten 1976 übrigens ab. Nach ihrem Tod sagte Bertolucci, er habe sich bei ihr entschuldigen wollen.

>> Bericht in "Variety"

>> Das Interview Schneiders in der "Daily Mail"

(her)

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